Collegium Intermarium - eine Hochschule von Ordo Iuris
- Theo Mechtenberg
- 8. Juni 2021
- 3 Min. Lesezeit
Ordo Iuris versteht sich als „Institut für Rechtskultur“ mit Sitz in Warschau. Gegründet wurde es 2013 durch die Piotr-Skarga-Gesellschaft. Ihre Schwerpunkte sind soziale und religiöse Bildung.
Ordo Iuris weiß sich in besonderer Weise dem „geistigen Erbe“ verpflichtet, „in dem die polnische Kultur ihre Wurzel hat, sowie seiner Propagierung im Rechtssystem und in der Öffentlichkeit.“
Ordo Iuris ist eng mit der Kirche und mit der gegenwärtigen rechtskonservativen Regierung verbunden, dazu international mit gleichgesinnten Institutionen gut vernetzt.
Wie stark Ordo Iuris die polnische Innenpolitik beeinflusst, zeigte sich in Zusammenhang mit dem vom Verfassungsgericht verfügten Verbot von Schwangerschaftsunterbrechungen selbst bei Schädigung der Leibesfrucht. Vor allem die Vertreter von Ordo Iuris waren es, die beharrlich auf dieses Verbot hingewirkt haben.
Die jüngste Initiative von Ordo Iuris ist die Gründung einer Hochschule unter dem Namen „Collegium Intermarium“. Sie hat ihren Sitz in Warschau, zielt aber mit ihrer Wirksamkeit auf den ostmitteleuropäischen Raum zwischen Ostsee und Adria. Damit ist das Collegium Intermarium Teil eines von Staatpräsident Andrzej Duda forcierten Projekts des Zusammenschlusses der Staaten „zwischen den Meeren“. Das Projekt gilt als politisches, kulturelles und wirtschaftliches Gegengewicht zur angeblichen Dominanz westlicher EU-Staaten, insbesondere Deutschlands.
In der Selbstbeschreibung von Collegium Intermarium heißt es: „Unsere Hochschule hat den klassischen akademischen Geist zur Grundlange. Den Geist, in dem die Universität dem Wahren, Guten und Schönen dienen kann, also bestimmten höheren Werten.“
Mit diesem Selbstverständnis will sich das Collegium Intermarium von den übrigen Hochschulen abheben, denen Tymoteusz Zych, Vizepräses von Ordo Iuris und Rektor des Collegiums Intermarium, einen „niedrigen Bildungsstand, Massencharakter, Anonymität und leichten Erwerb von Diplomen“ bescheinigt – eine Provokation, die denn auch namhafte polnische Professoren auf den Plan rief, die sich gegen das Collegium Intermarium in Stellung bringen, indem sie nicht nur diese Vorwürfe zurückweisen, sondern die Wissenschaftlichkeit der neu gegründeten Hochschule in Zweifel ziehen.
Das Collegium Intermarium ist als Gegenentwurf zu der von George Soros gegründeten Mitteleuropäischen Universität gedacht, die ursprünglich in Budapest ihren Sitz hatte, aber von Ministerpräsident Viktor Orbán von dort vertrieben wurde und nun in Wien ansässig ist. Während die Mitteleuropäische Universität darauf ausgerichtet ist, eine die freiheitlich-demokratische Zivilgesellschaft fördernde Elite heranzubilden, bezweckt das Collegium Intermarium die Ausbildung einer rechtskonservativen Führungsschicht, die in der Lage ist, den politischen Prozess voranzutreiben und zu stabilisieren, wie er bereits in Ungarn und Polen zu beobachten ist.
Aus dieser Perspektive erscheint denn auch die Mitteleuropäische Universität als Gefahr. Wo sie wirksam werde, komme es zu einem „Verfall demokratischer Freiheiten“, zur „Übernahme der Universitäten durch radikale Ideologen und zu einer tiefen Krise der Didaktik, die zu einer intellektuellen Verarmung künftiger Generationen führe.“ Die angeblichen Folgen: „Wenn die gesamte Elite eine derartige Bildung erfährt, dann kann man sich die Zukunft nur in düsteren Farben vorstellen.“
Feierlich eröffnet wurde das Collegium Intermarium am 28. Mai 2021. Unter den Ehrengästen befanden sich Kulturminister Piotr Gliński und Przemysław Czrnecki, Minister für Erziehung und Wissenschaft, sowie die ungarische Justizministerin.
Der Studienbetrieb beginnt im Oktober. Neben dem Studium der Rechtswissenschaft wird ein zweijähriges Magisterstudium zu International Human Rights Law angeboten, um Spezialisten für den Bereich der Menschenrechte (im rechtskonservativen Verständnis) auszubilden.
Für die Studierenden belaufen sich die Kosten auf 9000 Zł. pro Semester. Bezeichnend ist, dass für die Bewerbung das Abiturzeugnis allein nicht ausreicht. Die Studienbewerber müssen sich einem Auswahlverfahren unterziehen, in dem sie nach dem polnischen Justizwesen, der internationalen Politik sowie der Minderheitenproblematik befragt werden. Auf diese Weise lässt sich vorab die freiheitliche Spreu vom rechtskonservativen Weizen trennen.
Der Lehrkörper setzt sich aus wissenschaftlich nicht sonderlich profilierten, wohl aber rechtskonservativen Personen zusammen. Ihre kritische Überprüfung verlangt eine gesonderte Darstellung.
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