Professor Dariusz Oko auf Anti-Gender-Mission in Deutschland
Der polnische Priester und Theologieprofessor Dariusz Oko ist bekannt für seinen verbissenen Kampf gegen jede Erscheinungsform von gender und Homosexualität. Er hat nach dem Wahlsieg der Kaczyński-Partei „Recht und Gerechtigkeit“ (PiS), den er als Beginn eines nicht nur „guten“, sondern eines „gesegneten Wandels“ begrüßt hatte, seine Tätigkeit ins Ausland verlagert. Nachdem die neue Regierung den Sexualunterricht in den Schulen untersagt hat, die gegen häusliche Gewalt gerichtete Istambuler Konvention nicht ratifiziert, gender studies an den Universitäten erschwert und Homosexuellen wohl über die bloße Duldung hinaus keine besonderen Rechte einräumen wird, scheint Prof. Oko die Arbeit in seiner Heimat nicht mehr für dringend zu halten. Umso mehr fühlt er sich aufgrund seines „Charismas“ berufen, die Polonia im verdorbenen Westen vor den von gender ausgehenden Gefahren zu warnen. Nach Aufenthalten in Großbritannien, den USA und Kanada weilte Oko nun in der Bundesrepublik, feierte mit den polnischen Gemeinden in Berlin, Bonn, Bochum, Kiel, Köln, Hannover, Osnabrück und München die Eucharistie, um sie anschließend zum Vortrag einzuladen und seine Bücher „Diktatura gender“ und „Wygaszanie Polski“ (Auslöschung Polens) für jeweils 10 € zum Kauf anzubieten.
Über Okos „Deutschlandmission“ informierten Anna Goc und Marcin Żyła vom Krakauer „Tygodnik Powszechny“. Sie waren zu einigen dieser Veranstaltungen angereist, wodurch sich Oko, wie er sagte, verfolgt fühlte wie der vom polnischen Geheimdienst ermordete Priester Jerzy Popiełuszko.
Wie bei selbsternannte „Charismatikern“ oft feststellbar, ist auch Oko eine von Größenwahn nicht freie Überschätzung seiner Person eigen. Denn es geht ihm nicht nur darum, die Polen im Ausland vor der „gender-Ideologie“ eindringlich zu warnen, er möchte sie als „gläubigste Nation Europas“ mobilisieren, um den „Genderisten“ Einhalt zu gebieten. „Wir haben sehr gute Chancen. Wir haben die Muslime, die Bolschewiken und gender aufgehalten. Und selbst Clinton. Der Pole vermag`s.“(1)
Oko vergleicht gender mit dem Marxismus-Leninismus, und wie diesem würde es auch den „Genderisten“ durch Unterwanderung der Institutionen darum gehen, die Weltherrschaft zu erringen. Zudem bringt er gender mit Homosexualität und sexueller Freizügigkeit in einen inneren Zusammenhang, wobei das Hauptziel der „Genderisten“ darin bestehe, unschuldige Kinder zu verderben. „Würde ich zum Thema gender einen einzigen Satz sagen, dann diesen, dass dies eine weitere Utopie ist, eine Ideologie, von Atheisten erdacht, die an die Göttlichkeit von Sex glauben.“ Entsprechend malt Oko ein Bild systematischer Sexualisierung von Kindern, die bereits in deutschen Kindergärten beginne, wo sie „erste sexuelle Handlungen erlernen würden.“ Diese Sexualisierung „werde in den Schulen fortgeführt, wo Fünfzehnjährige Bordelle zu entwerfen hätten.“ In letzter Konsequenz führe dies dazu, dass „die deutsche Nation sterben werde.“
Mit derlei Aussagen erweist sich Oko als ein Vertreter des postfaktischen Zeitalters, indem er – wie heute üblich – Fake News in die Welt setzt. Anna Goc und Marcin Żyła haben sich die Mühe gemacht und bei den für Schule und Erziehung zuständigen Ministerien der Bundesländer nachgefragt, ob die Aussagen von Prof. Oko der Wahrheit entsprechen. Zehn Landesbehörden haben geantwortet und die Absurdität dieser Meinungsäußerungen bestätigt.
Es gibt weitere Absurditäten, die Oko unter den polnischen Gemeinden verbreitet. So behauptete er, es würden dreimal mehr Menschen Bordelle aufsuchen als in die Kirche gehen. Nach dieser Rechnung müsste wöchentlich ein Drittel der deutschen Männer zwischen 20 und 60 Jahren die Dienste von Prostituierten in Anspruch nehmen. Und was die Homosexuellen betrifft, rechnete Oko seinen Hörern vor, durchschnittlich würde jeder von ihnen in seinem Leben 500 verschiedene Partner haben, und sie würden 20 bis 30 Jahre früher sterben als „normale“ Menschen. Die beiden Journalisten vom „Tygodnik Powszechny“ dokumentierten noch mehrere solcher Rechenkünste.
In Hamburg wurde Oko eine besondere Erfahrung zuteil. Er besuchte die dortige an der Reeperbahn gelegene polnische Mission St. Pauli und wohnte erstmals in seinem Leben Wand an Wand mit einem Bordell. Wobei er Wert auf die Feststellung legt, die 300 Jahre alte Kirche habe längst an diesem Ort gestanden, bevor sie von diesem Sündenpfuhl umgeben wurde. „Ich sah, wie die Polen zur Kirche gehen, und die Deutschen dorthin.“ Und er fügt hinzu: „Na, hier bekam ich noch eine größere Achtung vor dem polnischen Katholizismus. Sie schimpfen, kritisieren etc. Es ist doch viel besser, wenn die Leute in die Kirche gehen und nicht in die öffentlichen Häuser. Aber ja. Einen Gott muss man haben. Wenn nicht Jesus Christus, dann eben Sex.“
Dass man als Christ auf die Reeperbahn auch ganz anders reagieren kann, das erfuhren die beiden Journalisten in St. Bonifatius. Dort trafen sie mit Schwester Monika Maria Krohn zusammen, die seit zehn Jahren abends zur Reeperbahn geht, um die Prostituierten mit Tee und Schokolade zu versorgen. „Prostitution heiße ich niemals gut. Doch ohne Begegnung, ohne Kenntnis dieser Personen kann ich mir kein Urteil bilden. Das wäre unchristlich.“
Erstveröffentlicung: imprimatur 2/2017
Anna Goc, Marcin Żyła, Luter, Hegel, Hitler, gender, in: Tygodnik Powszechny v. 05. Februar 2017, S. 29. Weitere Zitate sind diesem Text entnommen.