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Rumänien - der schwierige Kampf gegen die Korruption

Rumänien – der schwierige Kampf gegen Korruption

Korruption kann eine Gesellschaft zersetzen. Besonders schlimm ist sie, wenn die herrschende politische Klasse von diesem Krebsgeschwür befallen ist, wie dies auch in europäischen Staaten offenbar der Fall ist. So wurde jüngst der slowakische Journalist Jan Kuciak ermordet. Er hatte an der Aufdeckung von Verbindungen der slowakisch-italienischen Mafia bis in Regierungskreise hinein recherchiert. Nach Massenproresten gegen die Regierung Fico trat Innenminister Kalinak zurück. Er soll Ermittlungen bei Korruptionsverdacht behindert, Steuerhinterziehung gedeckt und selbst Schmiergelder von Firmen genommen haben.

Seit Jahren wird Rumänien von Korruptionsskandalen erschüttert. Als am 30. Oktober 2015 in einem Bukarester Club ein Feuer ausbrach und über 60 Personen den Tod fanden, 200 verletzt wurden, war Korruption die Ursache dieser Katastrophe. Die Brandschutzvorschriften waren – mit Duldung der Behörden – nicht eingehalten worden. Und als sich zudem noch herausstellte, dass die Verletzten mit minderwertigen Medikamenten versorgt wurden, wobei hier eine im Gesundheitswesen verbreitete Korruption der Grund war, kam es im ganzen Land zu Massenprotesten, die zum Rücktritt der postkommunistischen Regierung der Sozialdemokraten (PSD) unter Victor Ponta führte.

Aufgedeckt und verfolgt wurde dieser Fall von Korruption durch das Antikorruptionsdirektorat (DNA). Seit 2014 steht an seiner Spitze die Staatsanwältin Laura Kovesi.

Kampf gegen die korrupte politische Elite

Laura Kovesi führt sei ihrem Amtsbeginn einen kompromisslosen Kampf gegen die korrupte politische Elite ihrer Landes, insbesondere gegen die Rumänien seit Jahren regierenden postkommunistischen Sozialdemokraten. Die Liste der auf ihre Initiative hin verurteilten Spitzenpolitiker der PSD ist beeindruckend: 2014 erhielt der ehemalige Premier Adria Nastase wegen Erpressung und Bestechlichkeit eine vierjährige Haftstrafe. Im September 2014 führte die Polizei den Bürgermeister von Bukarest in Handschellen aus seinem Haus. Angeklagt wurde er u. a. wegen Bereicherung. Für von ihm erteile Aufträge kassierte er von den Gewinnen der Firmen Prozentzahlungen. Selbst gegen Ministerpräsident Ponta wurde wegen Geldwäsche, Dokumentenfälschung und Finanzbetrug Anklage erhoben. Es war dies nicht Pontas erster Skandal. 2013 war ans Licht der Öffentlichkeit gelangt, dass seine Doktorarbeit zur Hälfte aus einem Plagiat bestand. Kovesi war somit äußerst erfolgreich. 2016 endeten über 90% der angestrebten Prozesse mit Verurteilungen. Damit wurde diese Antikorruptionsbehörde zu einer ernsten Bedrohung der in Skandale verwickelten politischen Elite, besonders der der PSD. Und die nahm den Kampf gegen Kovesi auf.

Der Kampf gegen Laura Kovesi

Die postkommunistischen Sozialdemokraten hatten nur für kurze Zeit den Verlust ihrer Macht zu beklagen. Nachdem die Regierung Ponta 2015 zurückgetreten war, kam es zur Bildung eines apolitischen Kabinetts aus Technokraten. Aus den Parlamentswahlen im Dezember 2016 ging erneut die PSD als stärkste Kraft hervor. Sie gewann 45% der Wählerstimmen. Und dies trotz der vorausgegangenen Skandale. Ihre sozialökonomischen Versprechungen und die Schwäche der Opposition hatten ihren Wahlsieg möglich gemacht.

Ponta konnte selbst wegen seiner Verurteilung die Regierungsgeschäfte nicht übernehmen. Gleichfalls nicht Liviu Dragnea, der neue Parteichef der PSD. Er war im April 2016 zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt worden, weil ihm Betrügereien in Zusammenhang mit dem Referendum zur Abberufung von Präsident Traian Basescu, einem unbeirrten Unterstützer des DNA, nachgewiesen worden war. Regierungschef wurde Sorin Grindeanu. Und er nahm, ganz in beider Interesse, den Kampf mit Staatsanwältin Kovesi auf: Das Strafgesetzbuch wurde verändert, eine teilweise Amnestie erlassen, die Strafbestimmungen für Machtmissbrauch wurden abgemildert. Die Amnestie, die den verurteilten PSD-Politikern zugutekam, wurde mit dem humanitären Argument überfüllter Gefängnisse begründet. Doch die Bevölkerung ließ sich nicht täuschen. Sie reagierte mit in der Geschichte des Landes größten Demonstrationen, an denen sich eine halbe Million Menschen beteiligen, mehr als 1989 im Jahr des Umbruchs. Unter dem Druck der Straße wurden die Gesetzesänderungen zurückgenommene. Doch die Regierung blieb im Amt. Und sie setzte ihren Kampf gegen Kovesi nun mit anderen Mitteln fort.

Im November 2017 startete die Regierung einen neuen Versuch, Kovesi und das DNA in ihren Befugnissen zu beschränken. Diesmal orientierte man sich an der polnischen Justizreform. Ziel der Regierung war es, nach dem Vorbild Polens die Kontrolle über das Gerichtswesen und damit auch über das DAN zu gewinnen. Damit war die Unabhängigkeit der Justiz bedroht, und wieder gingen die Menschen aus Protest auf die Straße, allerdings diesmal in geringerer Zahl als im Jahr zuvor. Dennoch nahm die Regierung die Gesetze nicht zurück.

Verleumdungsfeldzug gegen Laura Kovesi

In Ihrem Kampf gegen Kovesi und das DNA wählt die Regierung nicht nur juristische Mittel. Sie versucht auch, die Chefin der Antikorruptionsbehörde zu diskreditieren. Der Vorwurf: Kovesi schaffe mit dem DNA einen Staat im Staate. Sie habe zudem vor, unter dem Vorwand der Korruptionsbekämpfung die demokratisch gewählten Politiker aus ihren Ämtern zu drängen und selbst die Macht zu übernehmen. Einige prominente Richter ließen sich in diese Kampagne einspannen, um so den Argumenten der Regierung Glaubwürdigkeit zu verleihen. Die erhob nun die Forderung nach ihrem Rücktritt.

Rechtsanwältin Kovesi berief daraufhin eine Pressekonferenz ein und wies die Vorwürfe zurück. Sie warnte: „Diese Angelegenheit betrifft nicht nur Kovesi, sondern zielt auf eine Unterordnung des rumänischen Staates und auf eine Demütigung seiner Bürger. Das Gerichtswesen als solches wird attackiert.“

Ganz wirkungslos ist diese Verleumdungskampagne nicht. Es gibt halt bei vielen Menschen die Neigung, Verschwörungstheorien Glauben zu schenken. Dies betrifft vor allem den Vorwurf, Kovesi wolle einen Staat im Staate schaffen, denn der weckt Assoziationen an das Trauma der Securitate.

Konflikt mit der Europäischen Union

Innerhalb der EU gilt das von Kovesi geführte DNA als vorbildlich. So wundert es nicht, dass die Europäische Kommission auf diese Entwicklung höchst beunruhigt reagiert. Sie hat bereits Bukarest vor dieser „Reform“ der Justiz gewarnt. Doch – ganz nach dem Beispiel Polens – zeigt sich die rumänische Regierung über diese Warnung erstaunt und weist sie mit dem Argument zurück, die Kommission sei „schlecht informiert“. An der Spitze der Regierung – auch das eine Parallele zu Polen – gab es jüngst einen Wechsel. Neue Ministerpräsidentin ist erstmals in der Geschichte des Landes eine Frau, die bisherige Europaabgeordnete Viorica Dancila. Sie ist entschlossen, die Justizreform umzusetzen, durch die die Regierung die Kontrolle über die Staatsanwälte gewinnen würde und durch die es dem DNA untersagt wäre, gegen Verwaltungsbeamte zu ermitteln. Damit wäre diese Antikorruptionsbehörde in ihrem Kampf weitgehend lahm gelegt. Zugleich verschärft sich der Konflikt mit der Europäischen Kommission. Doch, ähnlich wie die polnische Regierung, weist auch die rumänische jede Kritik der Kommission als unberechtigte „Einmischung“ und als „Attacke“ gegen die Souveränität Rumäniens zurück. Dass gegen die bisherige Gewohnheit nunmehr bei Verlautbarungen der Regierung neben der Staatsflagge die Europafahne fehlt, ist ein sehr deutliches Symbol des Konflikts mit der EU.

Quelle: Kamil Całus, Korupcja i gniew (Korruption und Wut), Tygodnik Powszechny v. 25. 02. 2018.

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