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Musik, Terrorismus, Literatur, Leben

Auf Initiative des Präsidenten der Hochschule für Informatik und Verwaltung in Rzeszów fanden drei Veranstaltungen zu dem Themenkomplex „Große Fragen in Wissenschaft und Kultur“ statt. Die erste stand unter dem Leitwort „Von Bach zu den Sternen“. Bestritten wurde sie von dem Priester, Mathematiker und Kosmologen Prof. Michał Heller und dem Virtuosen Prof. Krzysztof Jakowicz. „Um sich von der Erde zu den Sternen zu erheben“ – so Prof. Heller – „muss die Schwerkraft überwunden werden. Unterschiedliche Gravitationen halten uns auf der Erde fest – unsere verschiedenen Pflichten, Probleme und Schwierigkeiten. Die Wissenschaft ist bis jetzt nicht in der Lage, diese in ein System zu fassen. Daher nehme ich in meinem heutigen Vortrag die Musik zu Hilfe. Die verleiht uns Flügel, die es uns erlauben, sich zu den Sternen aufzuschwingen.“

Dass es sich bei dieser Aussage nicht um die bloße Beschreibung eines Gefühls handelt, veranschaulichten die beiden Professoren an drei ausgewählten Werken von Johann Sebastian Bach. Dargeboten wurden die Stücke als Violinkonzert von Prof. Jakowicz. Anhand der Partituren wurden dann die in Analogie zu den kosmischen Gesetzen stehenden Kompositionen analysiert, die Bach als den „besten Mathematiker unter den Komponisten“ ausweisen. Es wurde deutlich, dass es ebenso wie in der Geometrie auch in der Musik Symmetrien gibt – mit dem Unterschied, „dass sich Musik nicht im Raum, sondern in der Zeit vollzieht.“

Im zweiten Zyklus sprach der Schriftsteller, Literaturkritiker und Literaturhistoriker Prof. Stefan Chwin zum Thema „Terrorismus und Schönheit – zwischen Geschichte und Literatur“. Wie eng die auf dem ersten Blick weit auseinander liegenden Begriffe „Terrorismus“ und „Schönheit“ mit einander verflochten sind, machte Chwin an der polnischen Nationalliteratur des 19. Jahrhunderts, der Zeit der Teilungen, deutlich: „Im System der polnischen Kultur, wie sie sich in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts herausgebildet hat, fand sich ein Ort für die Schönheit des individuellen Terrorismus, der Faszination, Angst, Ablehnung und Bewunderung weckte.“ Konkret ging es um eine Vielzahl literarischer Zeugnisse von nationalen Helden, die in ihrem Kampf um die Freiheit des Vaterlandes zu terroristischen Akten gegen die zaristische Fremdherrschaft bereit waren und solche auch verübten. Ein Vorbild für Adam Mickiewicz war beispielsweise der biblische Samson. Und Juliusz Słowacki prägte dann für die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts und darüber hinaus das literarische Bild des Terroristen als „eines tragischen Helden. […] Entsprechend diesem Verständnis schwebt der patriotische Terrorist über dem Rest der Polen als einziger Pole, fähig zum aktiven Widerstand gegen das Böse, zu dem die sich mit der Unfreiheit arrangierende polnische Gesellschaft tendierte.“

Chwin sieht diese in der polnischen Kultur verankerte Verbindung von „Terrorismus und Schönheit“ durchaus kritisch. Sie bleibt abrufbar, und nicht einmal die Berufung auf christliche Werte bildet hier eine Hemmschwelle: „Man verwandte die christliche Symbolik sowohl für als auch gegen den Terrorismus. In diesem Sinn garantierte die Treue zu den christlichen Werten hier gar nichts, und sie garantiert weiterhin nichts.“

Dieser patriotische Terrorismus war kein Einzelfall. Es gab um das Jahr 1905 in Polen „ein ungefähr 8000 Personen umfassendes Netzwerk von Terroristen, von denen etliche später im unabhängigen Staat wichtige Funktonen innehatten.“

Mit „Kunst des Lebens“ war der dritte Zyklus betitelt. Dazu referierte ganz aus ihrem persönlichen Leben heraus die für ihr soziales Engagement bekannte Schauspielerin Anna Dymna. Im Gespräch mit dem Moderator, dem Dichter und Publizisten Wojciech Bonowicz, berichtete sie von ihrer Erfahrung mit der Poesie als Lebenshilfe. In ihrem seit 15 Jahren laufenden Fernsehprogramm „Wir begegnen einander“ spricht sie mit vom Schicksal schwer getroffenen Menschen. „Manchmal habe ich an einem Tag acht solche Gespräche. Wenn ich dann ins Hotel zurückkehre, befinde ich mich in einem unbeschreiblichen Zustand, denn all diese Leiden, Aufgewühltheiten, Ängste, all das aus den Gesprächen, belastet mich. Ich befinde mich in einer seltsamen Verfassung, kann weder schlafen noch denken. Wisst ihr, was mir dann hilft? Poesie. Ich greife z. B. zu Shakespeare’s Sonetten und lese. Bald darauf kann ich bereits ruhig atmen; das Blut fließt normal. […] Ein Glück, dass Gott die Poeten schuf!“

Es wurde nicht nur über Poesie geredet. Es herrschte tiefe Stille, als aus den Werken polnischer Dichter und solcher anderer Nationen vorgelesen wurde.

Quelle Rzeszów podróżuje w przestrzeń i czasie (Rzeszów auf der Reise in Raum und Zeit), Tygodnik Powszechny v. 20. 05. 2018.

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