Antisemitische Attacke gegen Erzbischof Grzegorz Ryś
Der Lodzer Erzbischof Ryś ist ein Mann des Dialogs und ständiger Mitarbeiter des Krakauer katholischen und weltoffenen Wochenblatts „Tygodnik Powszechny“, dessen Lektüre für nationalkatholische Kreise ein „Anzeichen für satanische Besessenheit“ ist und damit einen Exorzismus erfordere. Dialogoffenheit und Mitarbeit beim „Tygodnik Powszechny“ sind denn auch der Grund, warum sich Erzbischof Ryś immer wieder Attacken ausgesetzt sieht.
Der neuste Angriff steht in Zusammenhang mit einer öffentlichen Debatte unter dem Titel „Zeitenwende von Judaismus und Christentum“, die im Rahmen von Veranstaltungen zur Hundertjahrfeier der Unabhängigkeit Polens am 27. September in der Lubliner Kathedrale stattfindet und von Erzbischof Ryś und dem Jerusalemer Rabbi Boaz Pash bestritten wird. Dazu war im Vorfeld auf dem Portal „gazetawarszawska.com“ folgendes zu lesen: „Das ist eine offene Apostasie und Profanierung, die Entweihung eines katholischen Heiligtums. Mossad wird in Zivil für Ordnung sorgen. Sind die polnischen Katholiken in Lublin, ja in ganz Polen, so weit gesunken, dass sie dies erlauben?“ Erzbischof Ryś wird als „jüdischer Verderber der polnischen Jugend“ bezeichnet. „Ein solches Rindvieh darf man nicht tolerieren, es sei denn, uns ist Polens Schicksal gleichgültig. Man muss die Kleidung des Bischofs durch Entfernen des Brustkreuzes und des Kollar entsakralisieren.“
Es ist dies nicht die erste Attacke dieser Internetzeitung gegen Erzbischof Ryś. Am 29. August hatte er am 74jährigen Gedenken an die Liquidierung des Lodzer Ghettos teilgenommen und u. a. gesagt: „Diese Vernichtung bewirkten im hohen Maße Menschen, man muss dies, leider, mit einem Schmerz im Herzen sagen, Menschen, die von den christlichen Kirchen in ihren Gottesdiensten erzogen wurden.“
Dieser Aussage widmete „gazetawarszawska.com“ einen eigenen Text, in dem es heißt: „Seinem Nächsten ein falsches Zeugnis geben, ist eine schwere Sünde, aber gemeinsame Gebete mit Juden sind als Apostasie und Gotteslästerung mit der Exkommunikation belastet. […] Einem derart degenerierten Menschen wir Ryś gebührt der Kirchenbann, und keiner darf ihn unterstützen.“
Diese Internetzeitung suggeriert eine Nähe zur nationalkonservativen „Warszawska Gazeta“ mit ihrem Motto „Wir wollen ein souveränes Polen, ein christliches Polen, ein polnisches Polen“. Auch in ihr finden sich immer wieder antisemitische Texte. Doch irgendein Zusammenhang mit „gazetawarszawska.com“ wird von der Redaktion bestritten. Die ist im Ausland registriert. Bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt weiß man nicht, wer hinter ihr steht. Vieleicht wird die gegen sie eingeleitete gerichtliche Ermittlung hier Klarheit schaffen.
Quelle: Alina Pospischil, Antisemicki atak i groźby karalne wobec arcybiskupa Ryśa i Rabina Pasha. Co na to prokuratura? (Antisemitische Attacke und Strafdrohungen gegen Erzbischof Ryś und Rabbiner Pash. Was sagt die Staatsanwaltschaft dazu?), Gazeta Wyborzca v. 26. 09. 2018.