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Kirchlicher Protest gegen die Entlassung eines Mitarbeiters von Ikea

Die Niederlassung von Ikea in Polen nahm im Mai den Internationalen Tag gegen Homophobie, Transphobie und Biphobie zum Anlass, sich eine ganze Woche lang dieser Problematik zu widmen. Man wollte mit dieser Aktionswoche deutlich machen, dass „sich jeder n der Firma wohl fühlen soll und es daher keine Diskriminierung aus Gründe sexueller Orientierung und geschlechtlicher Identität geben dürfe.“

Ein katholischer Mitarbeiter von Ikea sah in den Veranstaltungen dieser Woche eine Propagierung von LGBT und reagierte mit einem Protest auf der Internetplattform des Konzerns: „Akzeptanz und Förderung des Homosexualismus und anderer Abartigkeiten, das ist Saat eines Eklats.“ Als Beleg führte er zwei biblische Zitate an, das eine aus dem Neuen, das andere aus dem Alten Testament. Beide lassen sich als Anstiftung zum Hass, ja als Morddrohung verstehen. Das neutestamentliche Zitat, das keinerlei Zusammenhang mit einem Homosexualimus aufweist, aber wohl dazu dienen soll, Homosexuelle als Pädophile zu erweisen, lautet: „Wer eines von diesen Kleinen, die an mich glauben, zum Bösen verführt, für den wäre es besser, wenn er mit einem Mühlstein um den Hals im tiefen Meer versenkt würde.“ (Mt 18, 6). Das zweite Zitat aus dem Buch Levitikus steht in der altisraelischen Auflistung todeswürdiger Verbrechen, hat aber mit der kirchlichen Lehre nichts zu tun: „Schläft einer mit einem Mann, wie man mit einer Frau schläft, dann haben sie eine Gräueltat begangen; beide werden mit dem Tod bestraft; ihr Blut soll auf sie kommen.“ (Mos 20, 12)

Die Geschäftsleitung von Ikea erhielt daraufhin, wie sie verlauten ließ, viele Eingaben von Mitarbeitern, die sich über diese Aussagen empört zeigten. Sie reagierte mit seiner Entlassung und gab dazu folgende Erklärung ab: „Ikea ist eine weltanschaulich offene Firma. Unter uns sind Personen unterschiedlichen Glaubens, darunter viele Katholiken. Wir schätzen einander, schätzen unsere Ansichten und Religion. […] Diese Offenheit darf jedoch nicht zu einem Freibrief verbaler Aggression anderen gegenüber werden, zum Ausdruck gebracht in den elektronischen Medien oder auch im direkten Gespräch mit anderen Mitarbeitern.“

Der Rat der Bischofskonferenz für das Laienapostolat sah sich wegen der Entlassung des Ikea-Mitarbeiters zu einer Stellungnahme genötigt. Einleitend betont er die kirchliche Wertschätzung gegenüber jedem Menschen, auch einem Homosexuellen gegenüber. Dann aber heißt es an die Adresse von LGBT gerichtet: „Das Verhalten und die Worte von Aktivisten dieses Milieus und der sie unterstützenden Journalisten erfüllt die Menschen mit großem Abscheu, mit Trauer, mit Sorge um die Zukunft, ja selbst mit einem Gefühl der Bedrohung. Sie kämpfen scheinbar für Freiheit, Toleranz und Wertschätzung, in Wahrheit aber sind sie intolerant, voller Verachtung und Aggression Andersdenkenden gegenüber.“ Die Entlassung sei ein Rechtsbruch, denn der Mitarbeiter habe lediglich „gegen die Indoktrination durch LGBT am Arbeitsplatz protestiert“ und nur sein demokratisches Recht auf Meinungsfreiheit in Anspruch genommen. Seine „Haltung verdient Anerkennung und Nachahmung.“ Abschließend fordert der Rat Gewerkschaften und Staatsanwaltschaft dazu auf, sich dieser Sache anzunehmen.

Inzwischen hat „Ordo Iuris“, das Institut konservativer katholischer Juristen, gegen Ikea Klage erhoben. Man fordert für den entlassenen Mitarbeiter eine Entschädigung. In seiner Argumentation dreht „Ordo Iuris“ gleichsam den Spieß um und beschuldigt Ikea, sich der Diskriminierung schuldig gemacht zu haben, weil man einen Mitarbeiter entließ, der sich lediglich auf katholische Werte berufen habe. Tatsächlich auf katholische Werte? Im Übrigen fehlt es auch nicht an Aufrufen rechter Katholiken zum Boykott des Konzerns.

Der Vorgang zeigt, dass Polens Kirche die Auseinandersetzung um die klerikalen Missbrauchsfälle offenbar für beendet ansieht und sich wieder als Opfer kirchenfeindlicher Angriffe sieht, gegen die man sich durch die Mobilisierung aller zur Verfügung stehenden Kräfte zu verteidigen habe.

Quelle: Biskupi po stronie zwolnionego pracownika Ikei. (Bischöfe auf der Seite eines entlassenen Mitarbeiters von IKEA), Gazeta Wyborzca v. 08. 07. 2019; Paweł Kośmiński,Ikea oskarzana o zwolnienie pracownika za poglądy (IKEA angeklagt wegen Entlassung eines Mitarbeiters wegen dessen Ansicht), ebd. v. 29. 06. 2019.

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