Ein skandalöser Vergleich des Posener Metropoliten
Der für seine nationalkatholische Einstellung bekannte Krakauer Erzbischof Marek Jędraszewski widmete seine Predigt am 1. August dem an diesem Tag vor über 70 Jahren ausgebrochenen Warschauer Aufstand. Obwohl dieser bekanntlich nicht zur Befreiung Polens führte, sieht Jędraszewski „in den Gebeinen der Aufständischen die Geburt des neuen Polens.“ Und auf die Gegenwart bezogen stellt er fest: „Die rote Pest überzieht schon nicht mehr unser Land, doch es tauchte eine neue, neomarxistische Pest auf, die sich unserer Kinder, Herzen und Gedanken bemächtigen will. Keine rote, sondern eine regenbogenfarbige.
Diese Diskriminierung der sich des Regenbogens als Symbol bedienenden Homo- und Transsexuellen blieb nicht ohne Widerspruch. Es kam zu Protesten vor der Krakauer Kurie sowie vor der Apostolischen Nuntiatur. Veteranen des Warschauer Aufstandes empörten sich. Auch Priester übten an den Aussagen des Krakauer Metropoliten Kritik. Der Dominikaner Paweł Gużinski forderte Jędraszewski öffentlich zum Amtsverzicht auf.
Aber Jędraszewski fand auch seine Verteidiger, unter ihnen der Posener Metropolit und Vorsitzende des Bischofskonferenz Stanisław Gądecki. In seiner Stellungnahme heißt es: „Die Welle der Kritik, die den Krakauer Metropoliten traf, zeugt von einem in gewissen Kreisen verwurzelten weltanschaulichen Totalitarismus.“ Und nach dieser gänzlich unpassenden Erklärung legte er nach. Am 18. August verglich er in seiner Sonntagspredigt Jędraszewski nicht nur mit dem alttestamentlichen Propheten Jeremias, der für seine Botschaft zum Verräter abgestempelt worden war und dem Märtyrertod nur knapp entging, er verglich ihn zudem mit dem von kommunistischen Sicherheitskräften grausam ermordeten Priester Jerzy Popiełuszko.
Diesen Vergleich kann man nicht anders als skandalös bezeichnen. Im Unterschied zu dem in seinem Palast ungefährdeten Jędraszewski starb Popiełuszko als Glaubenszeuge. Und aus seinem Mund kam keine Verleumdung. Er hat seine Verfolger nicht beschimpft, sondern für sie gebetet. Seine Devise war: Das Böse durch das Gute überwinden – ohne jede Form von Aggression.
Die Aussagen von Erzbischof Gądecki heizen den Konflikt um LGBT innerhalb der Gesellschaft und der Kirche weiter an. Vielleicht ist dies sogar von ihm gewollt, um vom Versagen der Kirche bezüglich der Missbrauchsfälle abzulenken und die öffentliche Diskussion mit einem anderen Thema zu besetzen.
Quelle: Tomasz Myszka, Abp Gądecki o „proroku“ Jędraszewskim, Gazeta Wyborcza v. 19. 08. 2019.