Kirchliche Wahlunterstützung für PiS
Die Direktive der Polnischen Bischofskonferenz ist eindeutig: Keine Wahlpropaganda in kirchlichen Räumen; keine Unterstützung für eine politische Partei. Jedes parteipolitische Engagement von Priestern führe zu inneren Spaltungen. Doch die Kirche sei für alle Menschen da.
Soweit die Theorie. Doch die Praxis sieht anders aus. Während der heißen Phase des derzeitigen Wahlkampfes ergreifen manche Priester für „Recht und Gerechtigkeit“ (PiS) Partei. An den Kirchenmauern hängen mit Zustimmung der Pfarrer die Plakate der Kaczyński-Partei mit den Gesichtern und Namen der in diesem Wahlkreis kandidierenden PiS-Vertreter. In manchen Kirchen erhalten sie die Möglichkeit, während der Sonntagsmesse ans Mikrofon zu treten und die Gläubigen aufzufordern, ihnen am 13. Oktober ihre Stimme zu geben.
Doch damit nicht genug. Es gibt Priester, die vom Ambo aus erklären, es sei Sünde, Politiker der Opposition zu wählen, denn die seien gegen die Kirche. Ein schon mehrfach als politischer Agitator aufgefallener Priester ist der Lubliner Pfarrer Eugeniusz Szymański. Am 22. September sagte er in der 12-Uhr-Messe anstelle einer Homilie: „Es besteht Grund, unser Augenmerk auf äußerst wichtige Probleme zu lenken, die jeden Bürger unseres Vaterlandes betreffen, nämlich auf die bevorstehenden Wahlen zum Sejm und zum Senat, die in drei Wochen, am 13. Oktober, stattfinden.“ Unter Hinweis auf den Krakauer Metropoliten Jędraszewski, der LGBT als „Homopest“ bezeichnet hatte, machte er die Opposition für deren öffentliche Aktivitäten verantwortlich. Szymański suggerierte, die verschiedenen homosexuellen Vereinigungen und deren Aktivitäten würden vom „ungarischen Juden Soros, dessen größtes Verlangen es sei, die Nationalstaaten und das Christentum zu vernichten, finanziell unterstützt. […] Die Zeit eines bequemen, vor sich hin dämmernden Katholizismus ist vorbei. [..] Wenn uns daran liegt, dass es den Menschen in Polen gut geht, das heißt würdig, sicher, dass man unsere Werte schätzt, die Werte der Polen und Katholiken, die uns heilig sind, dann nehmen wir an dieser Wahl teil und geben unsere Stimme Leuten, die ein den Geboten Gottes entsprechendes Gewissen haben.“ Und dann wurde er konkret, indem er ausdrücklich PiS erwähnte und sagte: „Es gibt dort viele hervorragende, vorbildliche Menschen. Nennen kann man zum Beispiel aus unserem Lubliner Umreis den Wojewoden Professor Przemysław Czarnek oder unseren eifrigen Pfarrangehörigen Herrn Tomasz Pilucha, der auf der Lubliner Liste für den Sejm kandidiert.“
Der Sprecher der Kurie sah sich angesichts dieser priesterlichen Wahlpropaganda zu einer Erklärung genötigt: „Der Lubliner Erzbischof hat den Pfarrer wiederholt aufgefordert, sich für keine Seite politischer Auseinandersetzung zu engagieren, insbesondere nicht vom Ambo aus. Es macht uns traurig, dass dies erfolglos blieb. Wenn der Pfarrer während der Homilie auf eine konkrete politische Partei verwiesen und Kandidatennamen genannt hat, dann ergreift der Erzbischof gegen ihn disziplinarische Maßnahmen, wie sie im kanonischen Recht vorgesehen sind.“
Die in Aussicht gestellte Reaktion des Erzbischofs ließ nicht lange auf sich warten. Der Lubliner Ordinarius ermahnte Pfarrer Szymański, in Zukunft derlei parteipolitische Äußerungen während des Gottesdienstes zu unterlassen. Diese vergleichsweise milde kanonische Strafe ist die Voraussetzung für schärfere Sanktionen, falls Pfarrer Szymański weiterhin parteipolitisch agieren würde.