Eine fragwürdige Stellungnahme des Posener Metropoliten.
- Theo Mechtenberg
- 20. Feb. 2020
- 2 Min. Lesezeit
Drei Tage nachdem der Posener Stadtrat mit den Stimmen der Ratsherren der Bürgerplattform (PO) die „Europäische Charta der Gleichheit von Mann und Frau im lokalen Leben“ verabschiedet hatte, meldete sich der Posener Metropolit und Vorsitzende der Bischofskonferenz, Erzbischof Stanisław Gądecki, zu Wort. Er sieht gemeinsam mit der regierenden Kaczyński-Partei „Recht und Gerechtigkeit“ (PiS) in der Charte eine „sündhafte Verbreitung der Gender-Ideologie“ sowie eine „Bedrohung der traditionellen polnischen Familie“, obwohl in der Charta davon überhaupt nicht die Rede ist. Ihr geht es um die Feststellung, dass die menschlichen Grundrechte in gleicher Weise für Mann und Frau gelten, wobei die Geltungsbereiche konkret und umfassend aufgeführt werden, darunter auch die sexuelle Orientierung und die Familie. Daraus abzuleiten, die Charta würde „in das verfassungsmäßige Recht der Eltern auf die Erziehung ihrer Kinder eingreifen“, entbehrt somit der Grundlage. Doch weil der Text als solcher die Interpretation der Charta im Sinne des Posener Metropoliten nicht hergibt, behauptet er, die Charta verleihe „solchen Worten wie Familie, Gleichheit und Toleranz eine neue, ideologische Bedeutung, stellt auf diese Weise die fundamentale Rolle der Frau für das soziale Leben in Frage und greift auf ungehörige Art in die Sphäre der Sexualität des Menschen und seiner Entwicklung ein.“
Selbst die Wirtschaft sieht der Vorsitzende der Bischofskonferenz durch die Charta bedroht. Die Forderung nach gleichen Rechen von Mann und Frau im wirtschaftlichen Bereich sei „ein ideologischer Eingriff in die ökonomische Entwicklung der Unternehmen, wodurch es zu einer Bedrohung der wirtschaftlichen Freiheit kommen kann, steht doch die Förderung des Arbeitnehmers aus anderen Gründen als denen der Qualifikation im Gegensatz zur Praxis effektiver Gestaltung des Arbeitsprozesses.“
Die Erklärung des Posener Metropoliten ist zugleich eine indirekte Unterstützung des für eine zweite Amtszeit kandidierenden Präsidenten Andrzej Duda. Denn am Ende seiner Stellungnahme ruft er die Gläubigen dazu auf, für eine Regierung zu beten, „deren Handeln nicht dazu führt, dass das Gesetz Gottes in Frage gestellt wird.“ Gemeint sind damit PiS und Duda, die mit den Gesetzen der Justizreform Unrecht zu Recht erklären, wozu die Kirche allerdings schweigt.
Comments