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Außer der Reihe: „Frau, warum weinst du?“ (Joh 20, 13;15)

Gleich zweimal begegnet diese Frage im Osterevangelium. Gerichtet ist sie an Maria Magdalena, die zum Grab gekommen ist, um den Gekreuzigten, den von ihr so sehr Geliebten, zu beweinen. Ihre Trauer steckt tief, sie leidet unter dem Tod des ihr innig Verbundenen. Ihm möchte sie über den Tod hinaus nahe sein. So steht sie an seinem Grab, denn nirgendwo sonst könnte sie die Nähe zu ihm intensiver erfahren.

Doch das Grab ist leer, der Leichnam verschwunden. Nicht einmal das Grab als Ort ihrer Trauer bleibt ihr. In dieser Situation trifft sie die Frage der Engel: „Frau, warum weinst du?“ Noch trüben ihr die verweinten Augen den Blick, so dass sie in den Egeln nicht die Boten der Auferstehung erkennt. Voller Bestürzung antwortet sie, man habe ihren Herrn weggenommen. Sie ist verzweifelt, weil sie nicht weiß, wohin man ihn geschafft hat. Da trifft sie ein zweites Mal die Frage: „Frau, warum weinst du?“ Sie hält den Fragenden für den Gärtner und hofft, von ihm Auskunft zu erhalten, wo sich der Leichnam ihres Herrn befindet. Erst als sie bei ihrem Namen genannt wird, erkennt sie in dem vermeintlichen Gärtner den auferstandenen Herrn. Doch ihn festzuhalten, ihn in ihre Welt zurückzuholen – das ist ihr verwehrt. Der Auferstandene sendet sie zu seinen Jüngern. Noch ehe er ihnen selbst erscheint, erfahren sie aus ihrem Mund, dass er lebt.

Maria Magdalena macht die österliche Erfahrung, dass das Ende ein neuer Anfang ist.

Ist dies nicht auch eine Erfahrung, die wir in unserem Leben machen? Haben wir nicht schon Situationen erlebt, in denen wir nicht weiter wussten, uns am Ende wähnten? In einer ernsten Erkrankung? Im Berufsleben? Im Scheitern einer Beziehung? Und dass das Ende zu einem neuen Anfang wurde?

Vielleicht sollten wir uns zu Ostern an solche Erfahrungen erinnern. Gewiss, sie sind kein Ersatz für den Glauben an den Auferstandenen, aber für diesen Glauben doch eine hilfreiche Assoziation: Jedes Ende birgt einen Neubeginn in sich.

Das gilt auch für unsere jetzige Erfahrung in der Corona-Zeit. Der tschechische Theologe Tomas Halik hat sich unter dem Titel „Christentum in Zeiten der Krankheit“ mit ihr befasst. Er sieht einen Zusammenhang zwischen dem leeren Grab und den leeren Kirchen zu Ostern. Er schreibt: „Vielleicht zeigt diese Zeit der leeren Kirchen den Kirchen symbolisch ihre verborgenen Leere und eine mögliche Zukunft, die eintreten könnte, wenn die Kirchen danach suchen, eine ganz andere Gestalt des Christentums zu präsentieren.“

Was für eine Gestalt, was für ein Suchen? Eine Gestalt, die aus dem Suchen erwächst, aus einem Aufbruch aus der Enge der Kirchenmauern: „Suchen wir den Lebenden nicht unter den Toten. Suchen wir ihn mutig und ausdauernd, und lassen wir uns nicht verwirren, wen er uns wie ein Fremder erscheint.“

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