Außerhalb der Reihe: „Aber in dieser Nacht fingen sie nichts.“ (Joh 21,3)
Das Evangelium des 3. Sonntags nach Ostern entstand gut 70 Jahre nach Tod und Auferstehung Jesu. Es ist kein historischer Bericht, sondern ein urkirchliches Glaubenszeugnis, Der Text ist reich an Metaphern, Bezügen und Symbolik. Er verarbeitet synoptisches Material, insbesondere den reichen Fischfang (Lk 5,1-11) und die Speisung der 5000 mit fünf Broten und zwei Fischen (Lk 9,10-17) und verleiht ihm eine österliche und nachösterliche Bedeutung. Dabei dürfte die urchristliche Fischsymbolik als christliches Erkenntnis- und Bekenntniszeichen eine Rolle spielen. (ICHTHYS, das griechische Wort für Fisch, bezeichnet als Akronym die Bekenntnisformel „Jesus Christus Gottes Sohn Erlöser“.) Der Text bietet mehrere Ansatzpunkte für eine theologische bzw. meditative Durchdringung. Ich begnüge mich mit dem Satz „Aber in dieser Nacht fingen sie nichts“.
Die sieben (!) Jünger haben sich die ganze Nacht abgemüht, doch am frühen Morgen kehren sie müde und frustriert mit leeren Netzen von ihrer Ausfahrt zurück. Man kann darin ein Bild für ihre Stimmungslage in der Nacht der Passion sehen, in der ihre messianischen Hoffnungen zunichte wurden. War alles vergeblich gewesen? Dass sie ihren Beruf aufgegeben hatten und Jesus gefolgt waren? War seine Botschaft vom Reiche Gottes, an dem sie teilhaben sollten, eine Illusion? Es war finster geworden um sie und vor allem in ihnen.
Mit ihrer Erfahrung einer ihr Leben verdunkelnden Vergeblichkeit bilden die Jünger keine Ausnahme. Erfolgloses Abmühen, Scheitern, Frustration in welcher Form auch immer, das sind allgemein menschliche Erfahrungen. Sich an diesem Sonntag auf sie im eigenen Leben zu besinnen, wäre eine Möglichkeit, sich diesen Text meditativ anzueignen.
Und solche Verdunkelung des Lebens gilt nicht nur für unsere innerweltlichen Erfahrungen. Vergeblichkeit und Scheitern, dieses Durchleiden der Nacht, gibt es auch in unseren Glaubensleben. Bei wem läuft da schon allen schön glatt? Wen plagen zuweilen nicht Zweifel, Unvermögen, Schuldgefühle? Wie die Jünger unterliegen auch wir falschen Gottes- und Erlösungsvorstellungen und damit falschen Erwartungen. Und oft ist es schmerzhaft wie befreiend, unsere Vorstellungen zu korrigieren, unsere Glaubensmüdigkeit zu überwinden, einen Neuanfang zu wagen.
Ein solcher Neuanfang wird den Jüngern im Evangelium zuteil, ja österlich geschenkt. Sie sollen nur gegen alle Regeln am Morgen und in Ufernähe erneut die Netze auswerfen, so das Wort des von ihnen noch nicht erkannten Auferstandenen. Welche Aufforderung haben wir in einer vergleichbaren Situation erfahren? Wer sprach zu uns das kraftvolle, aufmunternde Wort? Es war gewiss nicht Gottes direkte Stimme. Aber sprach sie nicht zu uns vermittelt durch den Mund eines Mitmenschen?
Die Jünger wurden reichlich belohnt. Ein Netz voller Fische. 153 an der Zahl. Doch das ist nicht einmal das Wichtigste. Wichtig wurde für sie die Gleichnishaftigkeit des Geschehens: Ihre Sendung in eine netzumspannende Völkerwelt; ihr gilt die Botschaft der Fische – Jesus Christus Gottes Sohn Erlöser; in ihr bilden sich die Gemeinden der Glaubenden, denen wir dieses Evangelium verdanken. Und wichtig ist, dass die Jünger den Auferstandenen, so wie die Emmausjünger, an den Zeichen eucharistischer Mahlgemeinschaft erkannten.
Auf nichts anderes sind auch wir in unserem Glauben verwiesen.