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Außer der Reihe: Was uns die Kardinalsernennungen sagen

Am 25. Oktober, am Missionssonntag, hat Papst Franziskus 13 neue Kardinäle ernannt, neun die aufgrund ihres Alters am nächsten Konklave teilnehmen können, und vier über 80jährige, denen der Purpur als Ehrentitel verliehen wurde.

Was waren die Kriterien dieser Ernennungen?

Zunächst fällt auf, dass traditionelle Kardinalssitze wie Mailand, Venedig oder Krakau nicht bedacht wurden. Papst Franziskus weiß sich offenbar dem Gewohnheitsrecht nicht verpflichtet. Ihm geht es nicht um glanzvolle Repräsentanz, sondern um die Zukunft der Kirche. Und die hat er in seinen Enzykliken als eine Kirche beschrieben, die an die Peripherie, an die Ränder geht, die sich den Schwachen, Bedürftigen und Ausgegrenzten zuwendet, die einem „Feldlazarett“ gleicht.

So hat denn Papst Franziskus mit dem Erzbischof Cornelius Sim einen Mann der Peripherie aus dem südostasiatischen, muslimisch geprägten Kleinstaat Brunei zum Kardinal ernannt. Dort leben gerade einmal 15 000 Katholiken, 5% der Bevölkerung.

Bereits in der Vergangenheit hat Papst Franziskus vergleichbare Entscheidungen getroffen, um die Kirche anderen Kulturen gegenüber zu öffnen. Dadurch hat Europa seine über zweitausendjährige kirchliche Vormachtstellung verloren. Bevor Franziskus sein Amt antrat betrug der Anteil europäischer Kardinäle 52,1%. Nach sieben Konsistorien sind es nur mehr 42%.

Ein weiteres Kriterium für seine Entscheidungen ist der von ihm geforderte Einsatz für die Schwachen und Benachteiligten einer Gesellschaft. Dem entspricht auf besondere Weise der zum Kardinal ernannte Erzbischof Augusto Lojudice von Siena. Der 56jährige Lojudice war zuvor Weihbischof der Diözese Rom. In dieser Eigenschaft hat er sich einen Namen als Anwalt der Roma gemacht. Bis zur Auflösung ihres 600 Personen umfassenden Camps hat er ihnen materielle, geistige und geistliche Hilfe zukommen lassen und sie später mit Wohnungen versorgt.

Bei seinen Kardinalsernennungen hatte Papst Franziskus auch die Reform der Kurie im Blick. Dies erklärt die Ernennung von Erzbischof Mario Grech (Malta) zum Kardinal. Er arbeitet seit zwei Jahren an der Kurie und hat als Generalsekretär der Bischofssynode eine einflusseiche Position inne. Ähnliches gilt für Erzbischof Marcella Semeraro (Itaien), den neuen Präfekten der Kongregation für die Kanonisation. Beide sind Vertraute des Papstes.

Zeichenhaft ist schließlich auch die Kardinalserhebung des Washingtoner Erzbischofs Wilton Gregory. Er ist damit der erste farbige Kardinal der USA. Die Bedeutung dieser Ernennung ist daran erkennbar, dass es unter den 194 Diözesanbischöfen der USA nur zwei farbige gibt, und unter den rund 37000 Priestern kaum 250 Afroamerikaner. Über viele Jahre wurden in den USA überhaupt nur Weiße in die Seminare und Orden aufgenommen, so dass man von einem langjährigen Rassismus in der amerikanischen Kirche sprechen kann.

Kardinal Gregory war zudem auf besondere Weise mit den klerikalen Missbrauchsfällen befasst. Als Vorsitzender der Bischofskonferenz hatte er 2004 erste Vorschriften zur Behandlung solcher Fälle erlassen und damit den Anfang für eine schmerzhafte Aufarbeitung gesetzt. In diesem Zusammenhang ist von Bedeutung, dass sein Vorvorgänger als Erzbischof von Washington kein Geringerer als der wegen sexueller Verbrechen kirchlich sanktionierte Exkardinal McCarrick war, dessen Fall bis heute allergrößtes Aufsehen erregt.

Auch für die landesweiten Proteste nach dem Polizeimord an George Floyda hat Erzbischof Gregory Partei ergriffen und sich im amerikanischen Wahlkampf entschieden gegen den politischen Missbrauch der Religion durch Trump ausgesprochen,

An diesen Kardinalsernennungen lässt sich ablesen, in welche Richtung die von Papst Franziskus angestrebten kirchlichen Reformen zielen.

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