Die Wiederkehr des Samisdat 02. 08. 2022

Der Ausbruch des Krieges gegen die Ukraine bedeutete gleichzeitig das Ende des letzten Rests unabhängiger Medien in Russland. Allein schon der Gebrauch des Wortes „Krieg“ statt der offiziellen Bezeichnung „militärische Sonderaktion„ steht unter Strafe, und es gab bereits diesbezüglich etliche Verurteilungen.

Die Nowaja Gazieta, ein Symbol der Meinungsfreiheit, stellte ihr Erscheinen ein. Der Chefredakteur des legendären Radio Moskwa wurde als „ausländischer Agent“ diffamiert, was einer persönlichen Bedrohung gleichkommt. Die Journalisten räumten unter staatlichem Druck ihre Schreibtische.

Doch damit ist die Stimme der Freiheit in Russland nicht gänzlich verstummt. Wie in Zeiten der Sowjetunion gibt es auch heute unter dem Alleinherrscher Putin wiederum ihre Verlagerung in den Untergrund. Gab es damals den Samisdat in Papierform, so werden heute die Möglichkeiten des Internet genutzt, um Fakten und Meinungen, unabhängig von staatlicher Kontrolle zu verbreiten; auch zum Ukrainekrieg.

Zudem gibt es eine Berichterstattung aus dem Ausland. Redakteure der Nowaja Gazieta gingen ins Exil und gründeten in Lettland die Nowaja Gazieta Europa, die über das Internet die Interessenten in Russland erreicht.

Gleiches gilt für Radio Echo Moskwa, das gleichfalls von Exiljournalisten gegründet wurde und das von i der Heimat gebliebenen Kolleginnen und Kollegen mit Inforationen versorgt wird, die für ihre Tätigkeit Verhaftung und Haftstrafen riskieren.

Zu nennen ist auch die im Oktober 2014 von der ehemaligen Chefredakteurin von Lenta ru, Galina Timtschenko, gegründete russisch- und englischsprachige Internetzeitung Meduza mit Sitz in Riga. Sie verfügt über 60 Mitarbeitern und erreicht monatlich 10 Millionen Besucher. Meduza berichtete u. a. vom Schicksal der gut 2000 von Russen verschleppten ukrainischen Kinder und erteilt Ratschläge, wie man sich im Falle einer Verhaftung verhalten soll.