In der Vereinigten Rechten rumort es
- Theo Mechtenberg
- 18. Feb. 2021
- 2 Min. Lesezeit
Die Kaczyński-Partei „Recht und Gerechtigkeit“ (PiS) hat, für sich genommen, im Sejm keine Mehrheit. Die gewinnt sie erst aufgrund der Koalition mit den beiden kleinen rechten Parteien, dem „Solidarisches Polen“ unter Führung des Justizministers und Generalstaatsanwalts Zbigniew Ziobro und der Partei „Verständigung“ unter Jarosław Gowin. Würde eine dieser beiden Parteien Beschlüsse der Regierung nicht mittragen, dann wäre dies eine Regierungskrise und es gäbe möglicherweise Neuwahlen.
In dieser Situation befinden sich derzeit Kaczyński und seine PiS. Gowin, der bereits im Frühjahr Kaczyńskis Plan zunichte gemacht hatte, angesichts der Corona-Pandemie den Staatspräsidenten durch eine Briefwahl zu ermitteln und so eine Verschiebung der Wahlen erzwungen hatte, befindet sich erneut im Konflikt mit den Parteichef von PiS. Wie angekündigt, wird „Verständigung“ die in Aussicht genommene, die unabhängigen Medien in ihrer Existenz ernsthaft bedrohende Einführung einer „Solidaritätssteuer“ auf Reklameeinkünfte ablehnen. Gleiches gilt für weitere finanzielle Belastungen von Unternehmen und eine Erhöhung der Krankenkassenbeiträge. Im Wahlkampf hatte sich Gowins Partei vor allem für die Interessen der Unternehmer eingesetzt. Man würde unglaubwürdig und von PiS nicht mehr unterscheidbar, würde man Kaczyński in diesen Fragen unterstützen.
Der reagierte auf diese ablehnende Haltung auf seine Weise. In dem Europaabgeordneten Adam Bielan, führendes Mitglied von „Verständigung“, fand Kaczyński ein willfähriges Werkzeug, um Gowin als Parteichef zu beerben und „Verständigung“ unter seine Kontrolle zu bringen. Mit dem Argument, dass Gowin keine Legitimation als Parteichef besitze, weil er es vor zwei Jahren versäumt hatte, auf dem Parteikonvent die Neuwahl des Parteivorsitzenden zu veranlassen, beanspruchte Bielan diese Führungsrolle für sich und wurde von Kaczyński zunächst auch in dieser Funktion unterstützt. Doch der Plan scheiterte letztlich. Bielan konnte für sich lediglich drei Parteimitglieder gewinnen. Gowin dagegen schloss ihn und weitere sieben illoyale Mitglieder aus der Partei aus und konnte seine Position und die seiner Partei festigen.
Doch sicher kann sich Gowin nicht fühlen. Roman Giertych, der mit Andrzej Lepper, dem rechtspopulistischen Bauernführer von „Selbstverteidigung", der wie Giertych der PiS-Regierung von 2005 angehörte, warnte Gowin in einem offenen Brief. Kaczyński werde, wie die damaligen Konflikte und das Beispiel Lepper zeigten, eine Illoyalität niemals vergessen. Er selbst sei Kaczyńskis Rache zuvor gekommen, indem er aus der Politik ausgeschieden sei. Lepper sei dagegen geblieben. Hinter seinem Rücken habe Kaczyński den Geheimdienst auf ihn angesetzt. Leppers Sexaffären seien ans Licht gekommen, und er sei zu über drei Jahren Gefängnis verurteilt worden. Seiner Inhaftierung kam Lepper mit seinem Selbstmord 2007 zuvor.
Das soll – so Giertych – Gowin eine Warnung sein. Ihm blieben zwei Möglichkeiten: entweder stürze er die Regierung oder er werde sich über kurz oder lang im Gefängnis befinden.
Man darf gespannt sein, ob Gowin diese Warnung ernst nimmt.
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