top of page

Papst Franziskus und Putins Vernichtungskkrieg

  • Theo Mechtenberg
  • 11. Mai 2022
  • 4 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 22. Mai 2022


Bislang kannte die Welt Papst Franziskus als einen Mann, der mit seinen Worten und Taten stets auf Seiten der schwachen, notleidenden Menschen stand. Entsprechend erwartete man von ihm, dass er vom ersten Tag an Putins Überfall auf die Ukraine verurteilen und seine Solidarität mit den unter den barbarischen Folgen des Krieges leidenden Ukrainern unter Beweis stellen würde. Diese Erwartung wurde indes enttäuscht. Mit Verwunderung und Empörung kommentierten daher zumal Katholiken, die ein positives Bild vom Papst hatten, seine Äußerungen zum Kriegsgeschehen.

Diese vom Papst an den Tag gelegte Zurückhaltung war man nicht gewohnt. Schließlich hatte sich Franziskus nicht gescheut, 2016 auf seiner Reíse nach Mexiko den das Präsidentenamt anstrebenden Donald Trump scharf zu attackieren: „Wer nur an die Errichtung von Mauern, nicht aber an einen Brückenbau denkt, der ist kein Christ.“

Von der argentinischen Tageszeitung „La Nacion“ gefragt, warum er seit dem 24. Februar Putin mit keinem Wort erwähnt habe, antwortete Franziskus, kein Papst würde in einer vergleichbaren Situation das Oberhaupt eines Staates beim Namen nennen.

Kritikwürdige Äußerungen

Auch die Art und Weise, in der sich Papst Franziskus zum Kriegsgeschehen äußerte, empfand man in der Öffentlichkeit als unangemessen und kritikwürdig. So sprach er von einem „Gebell der NATO vor den Toren Russlands“. Damit suggerierte er, die NATO habe Putin zu dieser „Spezialoperation“, wie der russische Präsident seinen Krieg nennt, provoziert. Im Grunde gab der Papst damit Putin für seine Rede am 9. Mai die Vorlage. Denn der rechtfertigte seinen Krieg damit, dass er lediglich dem Westen zuvorgekommen sei, der einen Angriff auf Russland geplant habe. Dabei gab es dieses „Gebell“ gar nicht, weder von der NATO noch seitens der Ukraine. Ganz im Gegenteil. Schließlich gab es den NATO-Russland-Rat, auch wenn dieser nach der Annexion der Krim kaum mehr zusammen trat. Russland hatte seine Vertreter im NATO-Hauptquartier, war somit über die Absichten der NATO bestens im Bilde. Diese Russland gewährte Transparenz sollte bereits im Vorfeld Konflikte verhindern. Dass der Krieg nicht zu verhindern war, ist somit in keiner Weise eine Schuld der NATO, geschweige denn, dass sie einen Angriff auf Russland geplant hätte.

Anstoß erregte zudem, dass Franziskus als erstes die russischen Soldaten und nicht die ukrainische Zivilbevölkerung erwähnte, als er von den Opfern dieses Krieges sprach. Seltsam mutet zudem an, dass sich der Papst auf den russlandfreundlichen ungarischen Premier Orbán beruft, der ihm mitgeteilt habe, der Krieg gehe am 9. Mai, dem in Russland traditionell groß gefeierten Gedenktag des Sieges über Nazideutschland, dem Ende entgegen, was Franziskus allerdings für unwahrscheinlich hielt. Der Vatikan braucht derlei Informationen nicht, er steht schließlich in dem Ruf, über das Weltgeschehen stets aus eigenen Quellen bestens informiert zu sein.

Vorrang der Diplomatie

Die auffällige Zurückhaltung des Papstes Putin und seinem Vernichtungskrieg gegenüber erklärt sich aus dem grundsätzlichen Selbstverständnis eines jeden Papstes, im Falle eines Krieges als Vermittler zur Verfügung zu stehen, um das Morden schnellstens zu beenden und den Frieden wieder herzustellen. In diesem Sinne wurde auch Franziskus aktiv. Am Tag des Kriegsausbruchs besuchte er in dem Bemühen, den Krieg zu stoppen, in Rom den russischen Botschafter. Auch das Videogespräch mit dem Putin nahestehenden russischen Patriarchen Kyrill diente diesem Ziel. Doch der Versuch, ihn zu einer gemeinsamen Friedensinitiative zu gewinnen, scheiterte am Unwillen des Patriarchen. Doch Franziskus glaubt offenbar immer noch, es könne sich für ihn die Möglichkeit einer Friedensvermittlung ergeben. Anders lässt sich nicht erklären, warum er der mehrfach ausgesprochenen Einladung von Präsident Selenskyj, ihn in Kiew zu besuchen, nicht nachkommt; und dies mit dem Hinweis darauf, er müsse zuerst in Moskau mit Putin sprechen.

Doch der will ihn offensichtlich gar nicht empfangen, würdigt ihn nicht einmal einer Antwort. Und Putin kann weiterhin sicher sein, dass der Papst nicht deutlich und direkt für die Ukraine Partei ergreift. Ja er kann Aussagen des Papstes propagandistisch nutzen, wie dies in Zusammenhang mit dem Videogespräch mit dem russischen Patriarchen geschehen ist.

Es ist eine Gratwanderung des Papstes zwischen seiner diplomatisch bedingten Zurückhaltung und seiner Solidarität mit den leidenden Menschen in der Ukraine, mit all den Millionen Menschen, die auf ihrer Flucht Haus und Hof hinter sich ließen und nicht wissen, ob sie jemals wieder in ihre Häuser zurückkehren können, mit den zahlreichen durch Bomben und Raketenbeschuss zu Tode gekommenen Frauen und Kindern, mit den grauenvoll von der russischen Soldateska Ermordeten, denen der Papst gedachte, indem er eine ukrainische Fahne aus Butscha, der Stadt russischer Kriegsverbrechen, küsste.

Gescheiterte humanitäre Initiativen

In diesem Zusammenhang stehen die päpstlichen Bemühungen um humanitäre Hilfe. Hauptanliegen des Papstes war hier die Rettung der im Stahlwerk der seit Kriegsbeginn umlagerten und bekämpften Hafenstadt Mariupol ausharrenden Zivilisten. Ihre Situation verschlimmerte sich von Woche zu Woche. Nicht nur dass sie in den Kellern den unablässigen Bombenangriffen und dem Raketenhagel ausgesetzt waren, auch die Vorräte an Lebensmitteln, Medikamenten und Wasser gingen zu Ende. Ihre Hilferufe wurden immer lauter und dringlicher. Und sie fanden im Vatikan Gehör.

Insgesamt unternahm der Vatikan drei Rettungsversuche. Am 16. März, während des Videogesprächs mit Patriarch Kyrill, habe dieser zugesagt, sich für diese humanitäre Aktion einzusetzen sowie an ihr sogar persönlich teilzunehmen. Starten sollte sie mit einem Konvoi am 27. März als gemeinsame Aktion beider Kirchen. Doch dazu kam es nicht. Die russische Armeeführung verweigerte die erforderliche Feuerpause sowie den Zugang zum Stahlwerk. Der Apostolische Nuntius in Kiew, Erzbischof Visvaldas Kulbokas, äußerte sich dazu in der italienischen Tageszeitung „Messaggeo“ sowie in dem Wochenblatt „L` Espresso“: „Es ging um das Leben von Menschen, die wir vor den Kugeln nicht retten konnten. Es ist frustrierend, wenn man das Flehen derer nicht erhören kann, die in Kürze sterben werden.“

Der zweite Versuch steht in Zusammenhang mit einer Ukrainereise von Kardinal Krajewski, der als enger Vertrauter des Papstes schon des Öfteren in seinem Auftrag zu humanitären Aktionen unterwegs war. So war er bereits mit Hilfsgütern mehrfach in die Ukraine gefahren. Doch diesmal mit einer zusätzlichen geheimen Mission zur Rettung der im Stahlwerk ausharrenden Alten, Frauen und Kinder. Aber auch dieser Versuch scheiterte ebenso wie ein dritter, bei dem mit einem Schiff unter vatikanischer Flagge die im Stahlwerk Eingeschlossenen gerettet werden sollten. Dass es am Ende dennoch zu ihrer Rettung gekommen ist, dürfte vor allem das Verdienst von UN-Generalsekretär Guterres gewesen sein, der – so ist zu vermuten – diese Zusage während seines Besuchs bei Putin erhalten hat.

Eine andere humanitäre Aktion des Papstes war indes erfolgreich – die Evakuierung eines Kinderheims und die Rettung Dutzender Säuglinge aus dem Kampfgebiet.

 
 
 

Comments


Follow Us
  • Twitter Basic Black
  • Facebook Basic Black
  • Black Google+ Icon
Recent Posts

© 2023 by Glorify. Proudly created with Wix.com

bottom of page