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Polnischer Botschafter in Berlin als inoffizieller Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes enttarnt

  • Theo Mechtenberg
  • 1. Mai 2017
  • 2 Min. Lesezeit

Andrzej Przyłębski, polnischer Botschafter in Berlin, ist unter dem Pseudonym „Wolfgang“ 1979/80 als geheimer Mitarbeiter (TW) des Sicherheitsdienstes registriert. Dies belegen die Akten des Posener Lustrationsbüros. Danach hat sich Przyłębski am 05. Juni 1979 handschriftlich zur Mitarbeit verpflichtet: „Von der patriotischen Pflicht und dem Wunsch bestimmt, nach Maßgabe meiner Möglichkeiten zum Erhalt von System und Ordnung der PRL und zum Triumph der Wahrheit beizutragen, erkläre ich mein Einverständnis, dem Sicherheitsdienst behilflich zu sein.“

Przyłębski studierte damals an der Posener Universität Philosophie. Sein Führungsoffizier schrieb in seiner Beurteilung, Przyłębski sei als Atheist und Vertreter der marxistischen Philosophie der Auffassung, „dass das sozialistische System in Polen das einzige System ist, das die Entwicklung unseres Landes garantieren kann.“ Diese Beurteilung ist insofern interessant, weil zu diesem Zeitpunkt angesichts des Papstbesuches, landesweiter Streiks und kurz vor Entstehung der Solidarność der Niedergang des kommunistischen Systems für jeden klar erkennbar war.

Przyłębski erhielt den Auftrag, unter den Studenten antisozialistische Aktivitäten in Erfahrung zu bringen und diese seinem Führungsoffizier zu melden. In den Akten finden sich jedoch keine Hinweise auf entsprechende Denunziationen. Lediglich über seinen Cousin findet sich die Aussage von Przyłębski, dieser sei „ein entschiedener Antikommunist.“ Auch informierte er darüber, auf welche Weise er in die USA gelangt sei und wo er dort wohnt.

Nach mehreren Treffen mit seinem Führungsoffizier bat Przyłębski schließlich um Entbindung von seiner Verpflichtung. Als Grund gab er den schlechten Gesundheitszustand seiner Frau an, durch den er genötigt sei, sein Studium privat fortzusetzen, wodurch ein Kontakt zu seinen Mitstudenten nicht mehr gegeben sei und er daher seinem Auftrag nicht mehr nachkommen könne. Am 17. Mai 1980 erklärte der Sicherheitsdienst die Zusammenarbeit mit Przyłębski für beendet.

Vor Übernahme des Botschafterpostens in Berlin war Przyłębski routinemäßig auf eine Tätigkeit für den Sicherheitsdienst überprüft worden, ohne dass er diese von sich aus offen gelegt hätte. In einer ersten Stellungnahme nach seiner Enttarnung erklärte er: „Nicht ausgeschlossen, dass ich wegen möglicher Verweigerung des Reisepasses erpresst wurde und irgendeine Verpflichtung unterschrieben habe. Doch selbst wenn dies der Fall war, so geschah dies erzwungenermaßen, und zwar nicht nur aufgrund einer Passverweigerung, sondern auch wegen einer mir drohenden Immatrikulation für Verbreitung antisozialistischer Schriften.“

Der „Fall Pprzyłębski“ soll durch weitere Untersuchungen des Posener Lustrationsbüros endgültig geklärt werden.

Besonders brisant ist in diesem Zusammenhang, dass es sich bei Przyłębski um den Ehemann der von der PiS-Regierung eingesetzten Vorsitzenden des Verfassungsgerichts handelt.

Quelle: Piotr Bojarski, Andrzej Przyłębski TW „Wolfgang“ – wynika z akt IPN, Gazeta Wyborca vom 03 03. 2017.

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