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Smolensk und kein Ende

  • Theo Mechtenberg
  • 11. Mai 2017
  • 2 Min. Lesezeit

Smolensk und kein Ende

Am 10 April 2010 kam es über dem Flughafen von Smolensk zu einem tragischen Unfall. Bei dichtem Nebel missglückte der Landeversuch der polnischen Präsidentenmaschine. Alle Insassen kamen ums Leben – unter den 96 Toten Präsident Lech Kaczyński sowie ranghohe Persönlichkeiten aus Politik und Gesellschaft.

Seitdem wird auf Anregung von Zwillingsbruder Jarosław Kaczyński, dem Chef der regierenden nationalkonservativen Partei „Recht und Gerechtigkeit“ (PiS) am 10. eines jeden Monats dieser Katastrophe gedacht. Doch längst dienen diese Versammlungen nicht mehr dem Gedenken der Opfer. Es handelt sich vielmehr um Kundgebungen, auf denen dieser tragische Unfall politisch instrumentalisiert wird: Von der Vorstellung besessen, es habe sich nicht um einen Unfall, sondern um ein von einer fremden Macht – gemeint ist der Kreml – verschuldetes Attentat gehandelt, in das auch die damalige Regierung unter Donald Tusk verstrickt gewesen sei, wird die bald ans Licht kommende „Wahrheit“ beschworen. Und all jene, die diese „Wahrheit“ in Zweifel ziehen und die dem Untersuchungsbericht Glauben schenken, der ein Attentat definitiv ausschließt, werden als Feinde Polens tituliert. Was ursprünglich als ein gemeinsames nationales Gedenken gedacht war, bewirkt so eine tiefe Spaltung, über deren Abgrund eine nationale Verständigung nicht mehr als möglich erscheint.

Zur Veranschaulichung dieser beklemmenden Situation soll im Folgenden aus der Rede von Jarosław Kaczyński zitiert werden, die er auf der Kundgebung am 10. Mai 2017 vor dem Warschauer Präsidentenpalast gehalten hat. Sie ist ein betrübliches Zeichen mangelnder politischer Kultur und eines Politikers unwürdig. Indem der Chef der regierenden Partei all denen, die mit seiner Ansicht nicht übereinstimmen, Hass unterstellt, macht er sich selbst zu einem Hassprediger. In der in Sichtweite stattfindenden Gedenkfeier einer Bürgerbewegung sieht er eine „gewaltige Attacke des Hasses“. Und unter Hinweis auf die weißen Rosen, die deren Teilnehmer in friedlicher Absicht und zum Gedenken an die Opfer und ihrer Angehörigen niedergelegt hatten, sagte er allen Ernstes: „Diese weißen Rosen, die man dort sieht, sind ein Symbol des Hasses und der Dummheit. Einer radikalen Dummheit und eines radikalen Hasses. […] Ich möchte euch versichern, dass wir diesen Kampf gewinnen werden. Wir haben gesiegt und wir werden weiter siegen! Wir sind in der Lage, diese Sache, für die wir uns hier versammeln, zu Ende zu führen. Es wird Denkmäler geben, und es wird die Wahrheit ans Licht kommen. Vor eben dieser Wahrheit haben sie Angst, vor der Wahrheit über Smolensk, aber auch vor der Wahrheit über die Regierungsjahre, die – Gott sei Dank – hinter uns liegen. Daher diese Furie, daher dieser Hass.“ Und weiter: Es kommt die Zeit der Wahrheit, der vollen Wahrheit – und das bald. Und es kommt die große Niederlage derer, die hassen, die im Grunde Polen hassen. Denn darum geht es - sie hassen Polen. Aber Polen siegt.“

Quelle: Paweł Kośminski, Miesięcznica smoleńska. Kaczyński: Przyjdzie wielka klęska tych, który nienawidzą Polski (Smolensker Monatsveranstaltung. Kaczyński: Es kommt die große Niederlage derer, die Polen hassen), Gazeta Wyborcza vom 11. 05. 2017.

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