Beata Szydło und die Flüchtlingsproblematik
- Theo Mechtenberg
- 19. Juni 2017
- 2 Min. Lesezeit
Dass sich die von der Kaczyński-Partei „Recht und Gerechtigkeit“ (PiS) geführte polnische Regierung vehement weigert, syrische Kriegsflüchtlinge aufzunehmen, ist hinlänglich bekannt. Weniger bekannt ist dagegen, was diese Weigerung für die Flüchtlingsproblematik als solche sowie für die innenpolitische Situation Polens bedeutet.
Dieser Frage geht Paweł Wroński nach. Er bezieht sich auf eine Rede von Beata Szydło vor dem Sejm, in der sie die Opposition der möglichen Zusammenarbeit mit den Terroristen beschuldigte: „Wenn ihr nicht wahrhaben wollt, dass die terroristische Bedrohung heute ein Faktum ist, das heure jeden Staat in Europa treffen kann, und wenn ihr meint, Polen müsse sich nicht verteidigen, dann geht ihr Hand in Hand mit denen, die diese Waffe gegen Europa richten.“
In Wahrheit, so Wroński, würde nicht die Opposition, sondern die Ministerpräsidentin selbst Hand in Hand mit den Terroristen gehen. Denn allein schon damit, dass sie durch ihre Reden Angst und Schrecken vor islamischen Flüchtlingen verbreite, werde sie zu einer Verbündeten des Islamischen Staates. Dem gehe es nämlich vor allem darum, Unruhe und Unsicherheit zu bewirken sowie die Regierungen zu irgendwelchen Reaktionen zu veranlassen: „Wenn Polen zu einer fremdenfeindlichen Festung wird und wenn es Polen darum geht, die europäische Einheit in dieser oder in anderen Fragen zu spalten, dann entspricht dies dem strategischen Ziel der islamistischen Terroristen.“
Zudem bediene sich Szydło unwahrer Behauptungen. So sei der Terrorismus keineswegs ursächlich mit der Flüchtlingsproblematik verbunden. Ihn habe es auch schon vor der Flüchtlingskrise gegeben. Und die meisten terroristischen Anschläge seien von Islamisten verübt worden, die bereits in EU-Ländern geboren wurden. „Diese könnten in aller Ruhe als britische oder schwedische Staatsbürger auch nach Polen kommen.“
In den syrischen Kriegsflüchtlingen potentielle Terroristen zu sehen, sei eine Verdrehung der Tatsachen. Diese seien schließlich selbst Opfer des Islamischen Staates, der nicht einmal, wie in Jordanien geschehen, vor Attentaten auf Flüchtlingslager zurückschrecke.
Abgesehen davon, dass der von Beata Szydło verbreitete „Medienterror“ dem Machterhalt von PiS diene, bestehe sein Effekt in einem Anheizen islamfeindlicher Stimmungen. An die Stelle eines „Antisemitismus ohne Juden“ sei ein „Antiislamismus ohne Muslime“ getreten, wobei nicht Polen durch etwaige Flüchtlinge, sondern etwaigen Flüchtlingen durch Polen Gefahr drohe.
Paweł Wroński, Medialny terror Beaty Szydło, czyli kto jest sojusznikiem ISIS (Beata Szydłos Medienterror, oder wer ist ein Bundesgenosse des Islamischen Staates), Gazeta Wyborca v. 26. 05 2017.
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