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Hat Polen ein Recht auf Reparationen?

  • Theo Mechtenberg
  • 15. Sept. 2017
  • 2 Min. Lesezeit

Paweł Wroński, Chemy obalić Poczdam, tylko nie wiemy jaj (Wir wollen Potsdam außer Kraft setzen, wissen aber nicht wie), Gazeta Wyborzca v. 13. 09. 2017

Ein Gespräch mit Prof Władysław Czapliński vom Rechtswissenschaftlichen Institut der Polnischen Akademie der Wissenschaften (PAN)

Eine juristische Beurteilung der Chancen von Reparationsforderungen gegenüber der Bundesrepublik Deutschland

Prof. Czapliński hältt das vom wissenschaftlichen Dienst des Sejm erstellte Gutachten zur Rechtmäßigkeit von Reparationsforderungen gegenüber der Bundesrepublik für nicht überzeugend. Es enthalte aus juristischer Sicht völlig zweitrangige Punkte, z. B. die historische Betrachtung der Problematik nach dem Ersten Weltkrieg. Zudem sei es nicht auf dem neuesten wissenschaftlichen Stand. Es fehlten Hinweise auf relevante Literatur. Auch seien wichtige Fakten unberücksichtigt geblieben.

Eine mögliche internationale Instanz für die Klage auf Reparationsleistungen sei der Internationale Gerichtshof in Den Haag. Der sei aber im Gutachten nicht in diesem Zusammenhang erwähnt worden, sondern lediglich in Bezug auf die Erklärung der polnischen Regierung vom 25. März 1996 zu allen Streitpunkte vor dem 25. September 1990. Die Erklärung habe die Absicht verfolgt, sich vor eventuellen Forderungen, auch von Seien Deutschlands, abzusichern.

Prof. Czapliński hält zudem die im Gutachten vertretene Auffassung, der polnische Reparationsverzicht von 1953 sei nicht bindend, weil Polen damals nicht souverän gewesen sei und sich der Verzicht nur auf die DDR, nicht aber auf die Bundesrepublik bezogen habe, für nicht stichhaltig. Seiner Meinung nach betraf er Deutschland im Ganzen. Czapliński greift dazu auf die Potsdamer Konferenz zurück. Nach ihren Beschlüssen hatte jeder der drei Siegermächte das Recht auf Reparationen ausschließlich in ihrem Besatzungsbereich, also die UdSSR lediglich auf die sowjetische Besatzungszone. Polen war auf der Potsdamer Konferenz nicht vertreten und besaß damit kein eigenes Recht auf Reparationen. Im polnisch-sowjetischen Vertrag vom 26. August 1945 habe die UdSSR Polen 15% ihrer Reparationen aus der sowjetischen Besatzungszone zugestanden. Die Potsdamer Beschlüsse bieten somit für die UdSSR und damit auch für Polen keine rechtliche Möglichkeit, aus den Westzonen Reparationen zu erhalten. Als rechtliche Konsequenz folge aus dieser Sachlage, dass sich Polen bezüglich von Reparationen an Russland als Nachfolgestaat der UdSSR und nicht an Deutschland wenden müsse.

Czapliński zweifelt auch das im Gutachten angeführte Argument an, der Verzicht auf Reparationen von 1953 sei ungültig, weil die Erklärung von der Regierung, nicht aber vom eigentlich zuständigen Ministerrat abgegeben worden sei. Nach internationalem Recht sei sie bindend. Anderenfalls könne jeder Staat unter Berufung auf etwaige interne Verletzungen der Zuständigkeit einmal eingegangene Verträge wieder in Frage stellen.

Auch der Hinweis darauf, die polnische Regierung habe unter Druck der UdSSR die Verzichtserklärung abgegeben, habe keine Beweiskraft. Die bloße Behauptung, Polen sei kein souveräner Staat gewesen, reiche nicht aus. Um einen Druck belegen zu können, müssten schon konkrete Gründe (Ultimatum, Panzer an der Grenze) vorgebracht werden.

Fazit: Czapliński sieht keine Möglichkeit, gegenüber der Bundesrepublik Reparationen auf dem Rechtsweg durchsetzen zu können. Die der Wiedervereinigung Deutschlands vorausgegangenen Zwei-plus-Vier-Gespräche hätten alle mit der Friedensregelung nach dem Zweiten Weltkrieg verbundenen Fragen endgültig geregt. Das Problem der Reparationsleistungen habe sich darunter nicht befunden. Das Gutachten laufe darauf hinaus, dass die Potsdamer Beschlüsse Polen nicht gerecht wurden. Doch um Polen gerecht zu werden, müsste anstelle der Potsdamer Beschlüsse und der Zwei-plus-Vier-Gespräche ein neues internationales System geschaffen werden. Czapliński fragt abschließend, wem das nützen würde. Polen wohl kaum.

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