Kardinal Nycz warnt vor Aufhebung der Gewaltenteilung
- Theo Mechtenberg
- 2. Okt. 2017
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In jüngster Zeit zeigen sich Polens Bischöfe über die politische Entwicklung des Landes zunehmend besorgt: Im März verabschiedete die Vollversammlung des Episkopat ein Dokument zum christlichen Verständnis des Patriotismus und wandten sich damit entschieden gegen bedrohlich wachsende nationalistische Tendenzen; dann dankte der Posener Erzbischof Gądecki im Juli mit einem persönlichen Schreiben Präsident Duda für sein Veto, mit dem er vorerst die Absicht der Regierung stoppte, das Oberste Gericht sowie den Landesjustizrat der Kontrolle des Justizministers zu unterstellen und damit ihre Unabhängigkeit aufzuheben; angesichts der Kampagne gegen die das deutsch-polnische Verhältnis bislang bestimmende „Versöhnungspolitik“, durch die Polen angeblich um seine berechtigten Reparationsforderungen betrogen worden sei, meldeten sich im September frühere und jetzige polnische Mitglieder der für den interkirchlichen Dialog zuständigen Kontaktgruppe zu Wort und betonten den unschätzbaren Wert der Versöhnung, der nicht leichtfertig aufs Spiel gesetzt werden dürfe. Und nun ist es der Warschauer Kardinal Nycz, der am 28. September 2017 in einem Jubiläumsgottesdienst zum Gedenken an die genau 100 Jahre zurückliegende Gründung des Obersten Gerichts davor warnte, seine Unabhängigkeit anzutasten. Er würdigte die Klugheit derer, die 1917 das Oberste Gericht ins Leben riefen und damit dem nach der langen Phase der Teilungen neu zu errichtenden Staat ein wesentliches Fundament verschafften. Von ihnen könne man auch heute lernen, denn was damals geschah, bleibe auch heute aktuell. Der Kardinal gab der Hoffnung Ausdruck, dass jenes Fundament auch heute bewahrt werde. Er schloss seine Predigt mit der Mahnung, nicht das in Frage zu stellen und zu schwächen, was wir Gewaltenteilung nennen.
Das sind deutliche Worte. Es fragt sich allerdings, ob sie bei Jarosław Kaczyński, seiner Partei und Regierung Gehör finden.
Quelle: Gazeta Wyborzca v. 28. 09. 2017
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