Polnische Geheimdienstler in wichtigen Staatsfunktionen
- Theo Mechtenberg
- 21. Okt. 2017
- 3 Min. Lesezeit
In einer umfangreichen Recherche untersuchten Journalisten der „Gazeta Wyborzca“ den Werdegang einiger polnischer Geheimdienstler, die gegenwärtig als Botschafter sowie als leitende Verfassungsrichter staatliche Ämter bekleiden. Ihre Ergebnisse sollen im Folgenden, kurz zusammengefasst, präsentiert werden.
Es handelt sich im Einzelnen um Andrzej Przyłębski, den polnischen Botschafter in Berlin, um seine Frau Julia Przyłębska, Vorsitzende des Verfassungsgerichts, sowie um Mariusz Muszyński, ihren Stellvertreter.
Die Schlüsselfigur in diesem Dreiernetzwerk ist Muszyński. Seit Mitte der 1990er Jahre führte er als Geheimdienstoffizier die von ihm zur geheimen Mitarbeit angeworbene Julia Przyłębska. Kennengelernt hatten sie sich damals in Berlin, wo Muszyński als Botschaftsangehöriger offenbar den Auftrag hatte, ein Spionagenetz aufzubauen. Zu der Zeit war ihr Ehemann Przyłębski im polnischen Konsulat tätig. Er war bereits vom kommunistischen Geheimdienst unter dem Decknamen „Wolfgang“ angeworben und später von den Sicherheitsorganen der III. Republik übernommen worden. Seine Frau arbeitete gleichfalls im Konsulat.
Muszyńskis geheimdienstlich diplomatische Kariere endete 2002. Die genauen Umstände seiner Rückberufung nach Warschau sind nicht bekannt. Vermutlich ist er bei dem Versuch, einen Beamten des deutschen Innenministeriums anzuwerben, gescheitert, und der hat die deutschen Behörden über diesen Vorgang informiert, womit Muszyński enttarnt worden war.
Während der von der Kaczyński-Partei „Recht und Gerechtigkeit“ (PiS) angeführten Koalitionsregierung arbeitete Muszyński dann als Berater für deutsche Angelegenheiten im Außenministerium, wo er aus seiner negativen Einstellung zu Deutschland kein Hehl machte. Nach ihrem ‚Ende war er ab 2007 an der Warschauer Kardinal-Stefan-Wyszyński-Universität wissenschaftlich tätig. Über die III. Republik äußerte er sich in jener Zeit äußerst negativ. So habe es seit 1990 in Polen keinen größeren Banditen und Schädling als Donald Tusk gegeben. Und nach dem Tode von Władysław Bartoszewski, dem zeitweiligen polnischen Außenminister und Deutschenfreund, schrieb er, dieser habe „Polen viel Schaden zugefügt, und für manche Dinge sollte er im Gefängnis sitzen.“
Andrzej Przyłębski kehrte 2001 nach Polen zurück und wurde Universitätsprofessor. Nach der von Andrzej Duda gewonnenen Präsidentschaftswahl wurde er als Mitglied des beim Präsidialamt angesiedelten Nationalrats für Entwicklung berufen, Seit Sommer 2016 vertritt er als Botschafter sein Land in Berlin, wo er bereits durch antideutsche Aussagen auffiel und die Vorführung des Films „Smolensk“ organisierte, der wegen mangelnder Qualität und propagandistischer Tendenz den Weg in die deutschen Kinos nicht fand.
Julia Przyłębska, die vor ihren Berliner Jahren in Posen als Richterin tätig war, hatte gehofft, 2001 nach ihrer Rückkehr in ihrem Beruf wieder arbeiten zu können. Doch ihr entsprechendes Gesuch wurde zweimal abgelehnt. Eine Untersuchung ihrer Richtertätigkeit im Jahr 1995 fiel so negativ aus, dass man eine Wiedereinstellung für nicht opportun hielt. Sie selbst aber hält sich für ein Opfer der Posener Richterschaft. Für kurze Zeit fand sie Arbeit in der Stiftung Polnisch-Deutsche Versöhnung, deren Chef zu der Zeit ausgerechnet Muszyński war.
Wenngleich es – zumal aus deutscher Sicht – als höchst bedenklich erscheint, dass ein nachweislicher Geheimdienstler Polen als Botschafter in Berlin vertritt, so ist es geradezu ein Skandal, dass Julia Przyłębska und Mariusz Muszyński die Kontrolle über das Verfassungsgericht ausüben. Wie „Newsweek“ berichtet, habe das Verfassungsgericht durch die Machenschaften beider seine Autorität verloren. Es herrsche dort unter den Mitarbeitern Angst und Mobbing.
Juklia Przyłębska und Mariusz Muszyński sind im vollen Bewusstsein ihrer geheimdienstlichen Tätigkeit (oder vielleicht gerade deswegen) von der nationalkonservativen PiS-Regierung in die leitende Funktion des Verfassungsgerichts berufen worden. Eine Regierung, die solches tut, befindet sich auf direktem Weg in den Totalitarismus.
Quelle: Wojciech Czuchnowski, Badamy związki preses Julii Przyłębskiej i wicepresesa Muszyńskiego ze służbami specjalymi (Wir untersuchen die Verbindungen von Präses Julia Przyłębska und Vizepräses Muszyński mit den Spezialdiensten), Gazeta Wyborzca vom 20. 10. 2017.
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