Die Kirche im Dienst der Partei
Ich möchte mich auf die Artikel beziehen, die eine direkte Antwort auf die von Ignacy Dudkiewicz im „Tygodnik Powszechny“ gestellte Frage beinhalten, „wo ist die Kirche in diesen Tagen, in denen die Verfassung gebrochen wird und weitere Freiheiten im Land ihr Ende finden?“
In meiner Kleinstadt gibt es sechs Pfarreien. Fünf sind lebendige, die Regierung unterstützende Zentren, die unter dem starken Einfluss von Radio Maryja stehen; die sechste ist neutral. Ich habe in den Predigten wohl schon alles gehört, einschließlich dessen, „dass der Priester Popiełuszko in der Smolensker Katastrophe den Tod erlitten hätte, wäre er nicht vom Geheimdienst ermordet worden“, und dass „die Europäische Union eine Zivilisation des Todes ist.“ Wer die Union unterstützt, der ist für Abtreibung, Euthanasie und in vitro. Wenn Minister Zieliński (PiS) die Pfarrei mit seiner Anwesenheit bei der Messe beehrt, dann spricht der Pfarrer vom Ambo so flammend, dass der Minister Beifall klatscht. Als die neue Chefin einer öffentlichen Institution des „guten Wandels“ bei ihrem Amtsantritt beschließt, noch mehr Kreuze im Amt anzubringen, und dafür eine Messe bestellt, dann hören die Mitarbeiter, die sich aus Angst massenweise einfinden, von einem Polen, „das endlich zu Christus kommt.“ Wenn das Land in Verteidigung der Verfassung protestiert, lädt einer der Pfarrer den Redemptoristen des Fernsehsenders Trwam ein, ein anderer hält eine so „patriotische“ Predigt, dass ein paar Personen das Gotteshaus verlassen. Im Beichtstuhl befragt ein Priester die Beichtenden, welchen Fernsehsender sie einschalten und welche Zeitungen sie kaufen. Er verhängt für das unabhängige Fernsehen und die „Gazeta Wyborzca“ eine Buße und erteilt eine ernste Mahnung im Falle des „Tygodnik Powszechny“.
Während des Protestes vor unserem kleinstädtischen Gericht sagt eine der Teilnehmerinnen, dass sie soeben von ihrer Mutter kommt, einer frommen und guten Person, die wiederholt sagt, man solle die Demonstranten verbrennen, denn in ihnen sei der Satan. Schon habe er bereits bei uns von Bronisław Komorowski, von Donald Tusk, von der EU mit ihren Agenden, von der UNO und der UNESCO Besitz ergriffen. Zudem sind sich unsere Gläubigen bewusst, dass Satan aktuell in der Linken wohnt. Außer dass ein Linker natürlich gottlos ist, ist er auch ein Vaterlandsverräter, einer, der mit den Deutschen kollaboriert, und Verkünder einer „Zivilisation des Todes“, der danach trachtet, das christliche Polen, den Christus der Nationen zu vernichten. Das sind Zitate, trockene Beschreibungen ohne Interpretation!
Wer als halbwegs gebildeter Pfarrangehöriger seinem Pfarrer vertraut, der hat praktisch keine Chance in der Auseinandersetzung mit den Kräften des Bündnisses von Kirche und Staat. Erstens ist da der Priester, für gewöhnlich von Thorner Provenienz, der seine Weltsicht vom Ambo aus und im Beichtstuhl formt, dann Radio Mayja und schließlich gibt es noch die Fernsehsender von PiS mit ihrer Massenpropaganda. Dazu noch „Gość Niedzielny“ und „Nasz Dziennik“. Alle sprechen mit einer Stimme. Nach anderen Medien greift ein frommes Pfarrkind nicht; denn das wäre sündhaft, deutsch, feindlich, verlogen und links… Wie soll man nicht daran glauben, dass die Feinde von PiS gleichzeitig Feinde der Heiligen Kirche sind, solange die Regierung auf der Jasna Góra empfangen wird, ein wichtiger Minister aus dem katholischen Studio Woche für Woche seine politischen Argumente präsentiert und Präses Kaczyński vom gleichen Ort aus die „Repolonisierung“ der Medien verspricht? Zu sagen, die Kirche solle in Fragen der Politik Neutralität wahren, und das Schweigen der Bischöfe als Tugend der Zurückhaltung zu erklären, das steht unter den gegenwärtigen Bedingungen in Widerspruch zur Wirklichkeit. Die Kirche begab sich vor gut zwei Jahren tief hinein in die Politik und ist eine der Hauptarchitekten der jetzigen politischen Szene. Aus der Perspektive der Provinz trägt die Kirche eine Mitverantwortung für das, was derzeit in Polen geschieht.
Haben Sie begriffen, warum man sagt, dass „Protestieren in Kleinstädten Mut erfordert?“ Unter anderem deswegen, weil ein Priester vom Ambo eine an einem Protest teilnehmende Person verdammen kann, weil er sie bereits auf Facebook gelöscht hat und damit rechnet, dass andere dies auch tun. Ein Name fällt nicht, doch die Pfarrangehörigen wissen, um wen es sich handelt. Unser katholischer Priester fordert wegen eines friedlichen, in der Verfassung garantierten Demonstrierens vom Ambo aus ein öffentliches Scherbengericht! Es ist die Kirche, die erlaubt, dass Politiker bei jeder staatlichen Feier an den in der Kirche heiligsten Orten im Blitzlicht der Kameras knien, die die Politik von PiS in den Augen der Wähler in Kleinstädten und Dörfern heiligt. Ich wiederhole: Wenn sich die Bischöfe davon nicht distanzieren – laut und eindeutig -, dann ist dies die Stimme der Kirche. Ich habe auch nicht gehört, dass irgendein Pfarrer in meiner Stadt sich auch nur einmal auf Papst Franziskus berufen hat. Es gilt nur „unser Papst Johannes Paul II.“, interpretiert gemäß den aktuellen Bedürfnissen. Die Stimme der Kirche ist, zumindest bei uns in der Provinz, die Stimme des Thorner Rundfunks, ohne die verderblichen Einflüsse des Vatikans, der zu einer Haltung des Evangeliums aufruft, zu Offenheit, Mut, Dialog. Auch ich möchte mich, wie Szymon Hołownia, daran erfreuen, dass die Gottesmutter von der Jasna Góra die ist, die uns alle eint, die unser Zuhause ist. Leider, solange die Paulinerpatres den Pilgerscharen extremistischer Nationalisten mit ihrem Geschrei, wer hängen soll und wo, versichern, sie seien das Salz der Erde, bin ich in der polnischen Kirche heimatlos.
Die Priester in der Provinz verteidigen die starke Partei, die in der Nacht, von einem Kordon an Polizisten umgeben, Gesetze verabschiedet, die den polnischen Staat ruinieren. Warum also beteiligt sich die Kirche, die doch so reich an Erfahrung unserer Nation ist, laut oder schweigend, an der brutalen Zerstörung dessen, was das teuerste ist – die menschliche Freiheit und den Frieden? Ich weiß es nicht.
Barbara
Quelle: Tygodnik Powszechny v. 27. 08. 2017.