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Kommt ein verschärftes Abtreibungsverbot?

In Polen ist der Streit um ein verschärftes Abtreibungsverbot erneut entbrannt. Der bisherige Kompromiss, wonach ein Schwangerschaftsabbruch in drei Fällen, bei Gefährdung des Lebens der Mutter, nach einer Vergewaltigung und bei einer unheilbaren Schädigung der Leibesfrucht, erlaubt ist, steht damit in Frage.

Den Auftakt zu dem Streit bildeten zwei Projekte, über die der Sejm nach einer emotional geführten Debatte am 3. Januar 2018 abgestimmt hat. Dabei ging es weniger um die Sache selbst, sondern lediglich um die Frage, ob die Projekte zur weiteren Behandlung an den entsprechenden Ausschuss verwiesen werden sollte oder nicht.

Das von der linken Politikerin Barbara Nowacka eingebrachte Projekt „Rettet die Frauen“ sieht eine weitgehende Liberalisierung der Abtreibungsgesetzgebung vor, u. a. die Einführung von Sexualkunde in den schulischen Unterricht sowie einen erleichterten Zugang zu Empfängnisverhütungsmittel. Der von PiS und der Kirche unterstützte Vorschlag „Stoppt die Abtreibungen“ der konservativen Abgeordneten Kaia Godek ist gegenüber dem geltenden Kompromiss insofern verschärft, als er selbst bei einer unheilbaren Schädigung der Leibesfrucht einen Schwangerschaftsabbruch nicht erlaubt.

Bei der Abstimmung zeigte sich, dass 39 Abgeordnete der Oppositionsparteien Bürgerplattform und Die Moderne unter Verletzung des Fraktionszwangs gegen die Weiterbehandlung des linken Projekts stimmten oder sich der Stimme enthielten. Diese 39 Stimmen fehlten dann für die Annahme des Projekt zur weiteren Behandlung.

Die Verletzung des Fraktionszwangs hatte für die Verweigerer Konsequenzen. Drei Abgeordnete des konservativen Flügels der Bürgerplattform angehörende, die sich bei ihrer Neinstimme auf ihr Gewissen berufen hatten, wurden von der Partei ausgeschlossen, bei denen, die sich in beiden Oppositionsparteien der Stimme enthalten hatten oder zur Abstimmung nicht erschienen waren, wurde die Mitgliedshaft ausgesetzt.

Nach Zurückweisung des linken Projekts „Rettet die Frauen“ bleibt nur mehr zur weiteren Behandlung allein die restriktive Gesetzesvorlage übrig. Über dieses Abstimmungsergebnis zeigte sich indes PiS nicht sonderlich glücklich. Bei zwei weiter zu behandelnde Projektne hätte man bis zur Endabstimmung Zeit gewonnen. Nun aber dürfte sich seitens der Kirche und durch „Pro Life“ der Druck verstärken, möglichst zügig zu einer abschließenden Gesetzgebung auf der Grundlage des Projekts „Stoppt Abtreibungen“ zu gelangen.

Angesichts früherer Erfahrungen weiß man, dass bei dieser sensiblen Problematik mit erheblichen gesellschaftlichen Auseinandersetzungen und Protesten zu rechnen ist. So kam es denn auch am 6. Januar bereits vor dem Sejm zu einer ersten Demonstration. Weitere dürften folgen.

Quelle: Michał Wigocki u. a., Projekt komitetu Ratrujmy Kobiety pzedpadł w Sejmie. Ratujcie się same (Das Projekt des Komitees „Retten wir die Frauen“ fiel im Sejm durch. Rettet euch selbst), Gazeta Wyborzca v. 11. 01. 2018.

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