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PiS verliert dramatisch an Zustimmung

Erstmals seit ihrer Regierungsübernahme im Herbst 2015 hat die nationalkonservative Kaczyński-Partei „Recht und Gerechtigkeit“ (PiS) in der Gunst der Wählerschaft Vertrauen eingebüßt. Nach jüngsten Umfragen verlor sie 12%, ein in dieser Größenordnung überraschender Vertrauensverlust. Würden zum jetzigen Zeitpunkt Parlamentswahlen stattfinden, käme PiS im Bündnis mit einigen kleineren rechten Parteien lediglich auf 28% und besäße damit nicht nur keine absolute Mehrheit mehr, sondern würde kaum unter ihrer Führung eine Koalitionsregierung bilden können. Ihr droht damit der Verlust der Macht.

Einen Vertrauenszuwachs können dagegen die Oppositionsparteien verzeichnen: Die Bürgerplattform (PO) legte 6% zu und kommt auf 22%. Kukiz‘ 15 rangiert bei einem Zuwachs von 4% bei 10%. Deutlich zulegen konnte das Demokratische Linksbündnis (ZDL), das bei der letzten Umfrage weit abgeschlagen bei 3% lag, nun 9% verbuchen kann und damit im Parlament vertreten wäre. Einen Rückgang um 2% musste dagegen die liberale „Moderne“ hinnehmen, würde aber mit 6% knapp die 5%-Hürde bei einer Wahl schaffen.

Für den dramatischen Rückgang der Zustimmungswerte für PiS dürften verschiedene Faktoren ausschlaggebend sein. An erster Stelle die von der Bürgerplattform (PO) öffentlich gemachten und von ihr entsprechend propagandistisch ausgenutzten Sonderzahlungen durch Ministerpräsidentin Beata Szydło in einer Höhe von insgesamt 5 Millionen Zł. Aber wohl auch das neue IPN-Gesetz, das in Israel, bei jüdischen Organisationen, in den USA sowie in der Ukraine für Empörung sorgte und im westlichen Ausland auf Unverständnis stieß. Der außenpolitische Schaden, den PiS mit diesem Gesetz angerichtet hat, ist für sie offenbar nicht folgenlos geblieben. Möglicherweise haben viele Polen die durch das IPN-Gesetz bedingte außenpolitische Schwächung Polens als Beeinträchtigung des nationalen Sicherheitsgefühls empfunden und PiS dafür die Quittung gegeben. Mehr noch als das IPN-Gesetz stößt in weiten Teilen der Gesellschaft, wie die Demonstrationen am „schwarzen Freitag“ gezeigt haben, das Gesetzesvorhaben eines verschärften Abtreibungsverbots auf Ablehnung. Davon profitierte vor allem das Demokratische Linksbündnis (ZDL). Aber auch die jüngste Maßnahme der Regierung, Generälen aus der kommunistischen Zeit per Gesetz zu degradieren, dürfte innerhalb der Bevölkerung auf wenig Verständnis gestoßen sein. Präsident Andrzej Duda hat zwar dieses Gesetz mit seinem Veto vorerst gestoppt, weil er es für verfassungswidrig hält, doch mit seiner Entscheidung schwächt auch er die Position der Regierung, was möglicherweise die Umfrageergebnisse zu Lasten von PiS beeinflusst hat. Für Unwillen in der Bevölkerung sorgen zudem die zahlreichen Umbenennungen von Plätzen und Straßen, insofern ihre bisherigen Namen auch nur entfernt an die über vierzigjährige kommunistische Zeit erinnern.

Umfragen sind natürlich nur eine Momentaufnahme, aus der nicht das bevorstehende Ende der PiS-Regierung gefolgert werden kann. Aber sie sind für PiS ein ernstes Warnsignal, auf das denn auch Jarosław Kaczyński unmittelbar reagierte. Am 04. April beriet er im engsten Führungskreis seiner Partei, was zu tun sei. Tags darauf verkündete er, die Minister würden die Prämien bis Mitte Mai zu wohltätigen Zwecken der Caritas überweisen. Zudem kündigte er an, die Gehälter der Sejmabgeordneten und Senatoren würden per Gesetz um 20% gekürzt. Auch sollen in naher Zukunft ähnliche Gehaltskürzungen für politische Funktionsträger der Wojewodschaften, Städte und Gemeinden gesetzlich verfügt werden. Ob diese Maßnahmen ausreichen, um das verlorene Vertrauen zurückzugewinnen und das politische Übergewicht von PiS wieder herzustellen, bleibt abzuwarten.

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