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Wann kommt es zu einer Repolonisierung der Medien?

Ein Vorhaben der nationalkonservativen Regierung ist bislang noch nicht verwirklicht – die Repolonisierung der nach Angaben von PiS zu 90 Prozent in ausländischem Besitz befindlichen polnischen Medien. Im Frühjahr 2016 erklärte Parteichef Jarosław Kaczyński, es sei für einen souveränen Staat inakzeptabel, dass sich „die Medien zu einem großen Teil in der Hand ausländischer Eigentümer befinden und dass sie dies politisch ausnutzen.“ Im Juli 2017 sprach er davon, dass „wir es mit einer krankhaften Konzentration der Medien zu tun haben, und seine Partei werde „zum Wohle Polens und der Bürger“ diese dekonzentrieren. Dass dies kein leichtes Unterfangen ist, weiß Kaczyński, ist er sich doch sicher, dass es „einen großen Widerstand geben wird.“

Einen Vorgeschmack des zu erwartenden Widerstandes bildete die Verhängung einer Geldstrafe in Höhe von 1,5 Millionen Zł. gegen den Fernsehsender TVN24 amerikanischer Kapitaleigner. (Im Blog habe ich darüber berichtet.) Der Sender hatte lediglich seine journalistische Nachrichtenpflicht erfüllt, indem er über die Proteste der Opposition informierte, die ihrem faktischen Ausschluss von den Verhandlungen über die Verabschiedung des Staatshaushaltes galten. Nachdem die amerikanische Regierung interveniert hatte und man Polen weltweit verdächtigte, die Meinungsfreiheit abschaffen zu wollen. wurde die Strafe einen Monat später annulliert.

Es ist keineswegs so, dass PiS nicht über ihr genehme Medien verfügen würde. Ganz im Gegenteil. Es gibt das staatliche Fernsehen als Sprachrohr der Regierungspolitik. Es gibt eine breite Palette rechter Zeitungen und Zeitschriften bis hin zu rechtsextremen Organen. Es gibt das Medienimperium von Pater Tadeusz Rydzyk. Die Politiker von PiS erwecken dagegen mit ihren Aussagen den Eindruck, fast die gesamte Medienlandschaft werde von ihren Gegnern beherrscht. In diesem Sinne äußerte sich z. B. der stellvertretene Kulturminister Jarosław Sellin: „Die Medien sind, so kann man sagen, ideell wie politisch ausgerichtet. Das eine begünstigen sie, das andere nicht. Alle sehen, welche Medien sich einer antirechten bzw. antikonservativen Obsession bedienen. Und dies seit vielen Jahren. Sind wir in der Opposition, attackieren sie die Opposition, sind wir an der Regierung, attackieren sie die Regierung, Das Gesetz zur Dekonzentration des Medienkapitals ist fertig. Wir warten nur noch die politische Entscheidung ab, wann wir mit dem Gesetzesverfahren beginnen.“ Wie kann man eine solche Aussage anders verstehen als in dem Sinn, dass PiS mit Gesetz alle Medien unter ihre Kontrolle bringen möchte, um jegliche oppositionelle Meinungsbildung zu unterbinden?

Wie PiS auf dem Gesetzesweg ihr Ziel erreichen will, dazu gibt es bislang kaum detaillierte Informationen. Sicher ist, dass dies durch Aufkauf und eine Begrenzung ausländischer Anteile geschehen soll. Doch in welchem Verhältnis? Wer wird in Polen berechtigt und in der Lage sein, das entsprechende Kapital aufzubringen? Wird es hier eine Verstaatlichung geben? Oder – zur Absicherung der Loyalität der neuen Eigentümer- eine staatliche Bewilligung zum Aufkauf? Werden die ausländischen Kapitaleigner überhaupt zum Verkauf bereit sein? Über welche Möglichkeiten verfügt die Regierung, sie dazu zu zwingen? Und schließlich: Ist eine Repolonisierung der Medien mit dem EU-Recht überhaupt vereinbar? Welche Konflikte werden sich möglicherweise auf EU-Ebene ergeben?

Die Entscheidung, wann das Mediengesetz in den Sejm eingebracht werden soll, hat sich Kaczyński vorbehalten. Und der ist zur Zeit krank. Dem Vernehmen nach, wird der Heilungsprozess noch eine Weile dauern. Damit ist vorerst keine Repolonsierung der Medien zu befürchten.

Quelle: Agnieszka Kublik, Póki prezes Kaczyński choruję, repolonizacja mediów nie będzie (Solange Präses Kaczyński krank ist, wird es keine Repolonisierung der Medien geben), Gazeta Wyborcza v. 07. 06. 2018.

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