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NGOs unter Kuratel

Am 15. September 2017 verabschiedete der Sejm das Gesetz zur Schaffung des „Nationalen Instituts der Freiheit“ (NIW). Die Aufsicht über diese neue Einrichtung hat der stellvertretende Ministerpräsident Piotr Gliński in seiner Eigenschaft als Vorsitzender des „Komitees für den Öffentlichen Nutzen“ (KPP) übernommen.

Nicht auf Anhieb bestätigt sich der Verdacht, dass die nationalkonservative Regierung mit dieser Entscheidung dem Beispiel Ungarns und Russlands folgt, wo durch entsprechende gesetzliche Bestimmungen die NGOs unter staatliche Kontrolle gestellt wurden. Die Richtlinien von NIW erwecken jedenfalls den Eindruck politischer Neutralität: Die Aufgabe des Instituts bestehe vor allem darin, ohne Ideologie und politische Aufsicht die Aktivitäten der NGOs zu koordinieren. Erste Erfahrungen zeigen allerdings, dass das Institut nicht so neutral ist, wie es sich gibt, zumal was die Verteilung der Gelder betrifft.

Auch die Präambel von NIW lässt auf den ersten Blick nichts Böses ahnen: „Der polnische Staat unterstütz freiheitliche und christliche Ideale der Bürger und lokaler Gemeinschaften, welche die Tradition der polnische Intelligenz und der Unabhängigkeit umfassen sowie die nationale, religiöse, sozialistische Tradition und die der Bauernbewegung.“ Der Bogen ist in der Tat weit gespannt, allerdings nicht weit genug, können sich doch NGOs, wie die „Wachhunde“, die mit ihren Recherchen den Mächtigen auf die Finger schauen und Fälle von Machtmissbrauch aufdecken, in dieser Auflistung nicht wiederfinden.

Zum Direktor des „Nationalen Instituts der Freiheit“ (NIW) berief Gliński einen in der Kanzlei des Ministerpräsidenten tätigen Beamten. Der dem Institut zugeordnete Rat zählt elf Mitglieder, davon fünf, die bestimmte NGO-Organisationen repräsentieren. Die übrigen sechs Plätze sind von Vertretern staatlicher Einrichtungen besetzt, so dass das Verhältnis 6:5 ein staatliches Übergewicht sichert. Zudem gehören zwei der fünf NGO-Verteter zur regierungsnahen „Konföderation außerstaatlicher Initiativen der Republik“ (KIPR), die „Patriotismus, Gemeinschaft, Souveränität und Freiheit“ propagiert. In ihrem Maifest heißt es: „Wir unterstützen keinen Isolationismus und keine Autarkie, vertreten aber den Standpunkt, dass Entscheidungen von allerhöchstem Gewicht in der Kompetenz der einzelnen Länder liegen sollen. Eine wahre europäische Solidarität kann allein auf Freiwilligkeit sowie auf der Berufung auf einen gemeinsamen ideellen Kern beruhen – auf der griechischen Philosophie, dem römischen Recht und der christlichen Ethik.“

In der Zusammensetzung des Rates zeigt sich somit eine deutliche Politisierung. Die auf seine Unabhängigkeit bedachten NGO-Vertreter hatten denn auch Bedenken, ihm anzugehören. Dass sie sich dennoch dazu entschlossen haben, begründen sie damit, dass es sich beim NIW und seinem Rat um das einzige Forum handelt, auf dem sie sich Gehör verschaffen können.

Besonders kritisch äußert sich das „Bürgernetz der Wachhunde Polen“, das sich bereits in der Vergangenheit Attacken staatlicher Medien ausgesetzt sah. Ihre Vertreter befürchten, es könne nun auch in Polen eine Entwicklung wie in Ungarn und Russland eintreten. Dabei geht es ihnen weniger um die Verteilung von Geldern. Die haben sie ohnehin kaum beantragt, um unabhängig zu bleiben. Gefahr drohe ihnen vielmehr wegen finanzieller Unterstützung aus dem Ausland. Hier könnten sie in naher Zukunft – ganz nach dem Beispiel Russlands und Ungarns – das Ziel einer staatlich gelenkten Medienkampagne werden, indem man versuche, sie als „ausländische Agenten“ zu diskreditieren. Man hofft daher auf eine verstärkte Unterstützung durch private polnische Spender.

Quelle: Bartosz Klimas, Kij na psa stróżującego (Ein Stock für den Wachhund), Tygodnik Powszechny v. 27. 05. 2018.

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