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Was hält PiS an der Macht?

Die Zustimmungswerte für die Kaczyński-Partei „Recht und Gerechtigkeit“ (PiS) liegen unverändert bei über 40%, so dass PiS vermutlich im kommenden Jahr die Wahlen wieder gewinnen und wahrscheinlich erneut mit absoluter Mehrheit regieren kann. Dabei gäbe es Grund genug, sie abzuwählen: Der ständige Verfassungsbruch durch die Justizreform, wodurch die für eine Demokratie unabdingbare Gewaltenteilung nicht mehr gewährleistet ist; jüngstes Beispiel ist die gesetzwidrige und zwangsweise Verabschiedung der Vorsitzenden und etlicher Richter des Obersten Gerichts in den Ruhestand – ein erneuter Verstoß gegen die Verfassung, begleitet von landesweiten Protesten; der dadurch ausgelöste Konflikt mit der Europäischen Kommission, der Polens Stellung innerhalb der EU schwächt; auch die misslungene Bildungsreform wäre zu nennen und manches andere noch dazu.

Was PiS trotz allem an der Macht hält, das ist nach Auffassung mancher Analytiker das auf großzügige Verteilung ausgerichtete Sozialprogramm: 500 Zł ab dem zweiten Kind, 300 Zł für jedes schulpflichtige Kind mit Beginn des neuen Schuljahrs, Zusatzleistungen für Rentnerinnen und Rentner, ein in Aussicht genommenes Programm eines sozialen Wohnungsbaus. Mit diesen Vergünstigungen werden breite Wählerschichten zufrieden gestellt. Premier Mateusz Morawiecki weiß und sagt dies auch: Wir werden solange an der Macht bleiben, wie wir in der Lage sind, diese und andere Sozialleistungen aufzubringen.

Die Voraussetzungen dazu sind derzeit günstig. Polen verzeichnet ein deutliches Wirtschaftswachstum. Der Staatssäckel ist aufgrund der guten Konjunktur innerhalb der EU gefüllt wie nie zuvor. Hinzu kommen zusätzliche Maßnahmen. So gelang es der Regierung, die zahlreichen Steuerschlupflöcher zu schießen. Als besonders sprießende Quelle erweist sich die Mehrwertsteuer VAT. Sie erbrachte 2016 156,8 mld. Zł., 30,2 mld Zł. mehr als im Vorjahr. Für 2018 rechnet man mit 166 mld Zł., ein gegenüber 2017 eher beschiedener Zuwachs von 2,8%. Ein weiterer Anstieg in den kommenden Jahren gilt als unwahrscheinlich.

Allerdings sind die Einnahmen aus VAT mit einem Risiko behaftet. Durch die von der Regierung verfügte Aufteilung in VAT und von den Firmen für Waren und Dienstleistungen zu entrichtenden sonstigen Abgaben ist die Mehrwertsteuer sogleich auf ein staatliches Konto abzuführen und steht den Firmen nicht mehr zeitweise zur Verfügung. Daher sehen sie sich genötigt, Kredite aufzunehmen und können in eine durch Zahlungsschwierigkeiten bedingte Notlage geraten.

Die Frage ist auch, wie lange sich Polen seines Wirtschaftswachstums erfreuen kann. Schließlich kann eine Phase der Rezession nicht ausgeschlossen werden. Auch weiß man nicht, wie sich der Handelskonflikt zwischen den USA und der EU auf Polen auswirken wird. Es scheint durchaus möglich, dass die Regierung in naher Zukunft nicht mehr um die nötigen Mittel verfügen wird, um großzügige Sozialgeschenke verteilen zu können. Sollte sich die PiS-Regierung zu Kürzungen ihres Sozialprogramms genötigt sehen, dürfte dies das Wahlverhalten der Bevölkerung zu ihrem Lasten beeinflussen.

Quelle: Piotr Miączyński, Premier Morawiecki ściaga się z CVAT-em. Szaleńczy wyścig może pozbawić PiS włady (Premier Morawiecki bedient sich der Mehrwertsteuer VAT. Ein verrückter Wettlauf kann PiS die Macht kosten), Gazeta Wyborzca v. 01. 07. 2018.

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