Lässt sich die Alleinherrschaft von PiS verhindern?
Im Herbst 2019 endet die fünfjährige Herrschaft der Kaczyński-Partei „Recht und Gerechtigkeit“ (PiS). Doch sie will sie in den dann anstehenden Parlamentswahlen behaupten und möglichst weiter ausbauen. Die Zeichen dafür sind günstig. Dank der sozialen Geschenke an kinderreiche Familien und Rentner liegen die Zustimmungswerte für PiS derzeit bei über 40%. Selbst die von Protesten begleitete Justizreform, mit der sich PiS faktisch die Kontrolle über das Gerichtswesen sicherte, die Gewaltenteilung aufhob und sich einen Konflikt mit der Europäischen Kommission einhandelte, hatte für PiS keine negativen Folgen. Zudem ist die parlamentarische Opposition schwach, gespalten und erstaunlich konzeptionslos. Es brauchte einen polnischen Macron, um diese Situation grundlegend zu ändern.
Vielleicht gibt es ihn. Sein Name: Robert Biedroń, Bürgermeister von Słupsk, dem früheren deutschen Stolp. Mit 42 Jahren jung, dynamisch, eloquent, bürgernah. Ein politisches Talent, das landesweit Aufsehen erregte, auch weil unter seiner Amtsführung Słupsk einen beachtlichen Aufschwung erfuhr. So wurde Biedroń in den Augen vieler zu einem nationalen Hoffnungsträger. Immer wieder drängte man ihn, das Rathaus zu verlassen und die große politische Bühne zu betreten, um die Alleinherrschaft von PiS zu beenden.
Diesem Ruf wird er nunmehr nachkommen. In den letzten Monaten reiste Biedroń durch Polen, sprach in vielen Städten und rief dazu auf, sich über die Parteigrenzen hinweg zu vereinen. Das Echo war ermutigend, so dass für den Herbst die Gründung der politischen Sammlungsbewegung „Kocham Polskę“ (Ich liebe Polen) geplant ist. Die Europawahlen im Frühjahr 2019, an denen Kandidaten der Bewegung teilnehmen sollen, werden ein erster Test über Erfolg oder Misserfolg dieses Projekts sein.
Es wird alles davon abhängen, ob es Biedroń in relativ kurzer Zeit gelingt, die Oppositionsparteien für seine Sammlungsbewegung zu gewinnen. Ob dies allerdings angesichts ihrer Eigeninteressen und ideologischen Unterschiede machbar ist, bleibt fraglich. Auch muss Biedroń mit starkem Gegenwind seitens PiS, Teilen der Kirche und rechtsnationaler Kräfte rechnen. Als bekennender Homosexueller und Atheist bietet er für ihre Angriffe eine ideale Zielscheibe. Einen Vorgeschmack bekam Biedroń bereits durch die rechtsradikale ORN zu spüren, die seine Auftritte im Land lautstark und mit homophoben Transparenten störten.