Die missglückte Warschauer Konferenz
Am 13./14. Februar 2018 fand in der polnischen Hauptstadt ein als Friedenskonferenz für den Nahen Osten angekündigtes internationales Treffen statt. Die polnische Regierung entsprach damit einem Wunsch der amerikanischen Administration. Schon allein dies zeigt, dass es in Warschau nicht um den Frieden gehen würde, sondern darum, möglichst viele Staaten für die Antiiranpolitik der USA zu gewinnen.
Die Ausgangslage dieser Konferenz war durch einen deutlichen Interessenkonflikt zwischen den Vereinigten Staaten und der Europäischen Union bestimmt. Donald Trump hatte das über viele Jahre mühsam ausgehandelte Nuklearabkommen mit dem Iran gekündigt und die Sanktionen erneut in Kraft gesetzt. Die EU dagegen hielt an dem Abkommen weiterhin fest und war bestrebt, die von Trump verhängten Sanktionen zu unterlaufen. Diesen Konflikt hatte Staatspräsident Andrzej Duda im Blick, als er im Vorfeld der Konferenz in Überschätzung seiner Möglichkeiten für sich die Rolle des Vermittlers zwischen der USA und der EU in Anspruch nahm.
Sollte Donald Trump allen Ernstes geglaubt haben, die Mitgliedstaaten der EU durch die Warschauer Konferenz auf seine Seite ziehen zu können, dann hatte er sich getäuscht. Allein schon unter diesem Aspekt war sie missglückt, ehe sie überhaupt begonnen hatte.
Um dies zu begründen, reicht ein Blick auf die Teilnehmerliste. Denn aus der EU waren lediglich die Außenminister aus Italien und aus dem vom Brexit bedrohten Großbritannien angereist, wobei letzterer die Konferenz unmittelbar nach ihrer Eröffnung wieder verlassen hatte. Sonst waren die EUJ-Mitgliedstaaten nur durch Diplomaten geringeren Ranges ohne Entscheidungsbefugnis erschienen. Und auch Fereriica Mogherini, die Außenbeauftragte der EU, war der Einladung nicht gefolgt.
Kein Beitrag zur Friedenssicherung
Noch deutlicher fällt das negative Urteil über das Warschauer Treffen aus, wenn man es dem Titel entsprechend als Friedenskonferenz wertet. Denn der Iran und Syrien, also jene Länder, ohne deren Teilnahme eine Stabilisierung des Nahen Ostens undenkbar ist, waren gar nicht eingeladen. So fand sich denn auch in der polnischen Presse die Analogie zur Münchener Konferenz von 1938, auf der ohne Anwesenheit der Tschechoslowakei über ihre Schicksal entschieden wurde. Hinzu kommt noch, dass Russland, China, die Türkei, der Irak und die Palästinenser die Einladung ausgeschlagen hatten, womit für eine Friedenskonferenz trotz der Präsenz von 60 Staaten unverzichtbare Partner fehlten.
In Wahrheit als Antiirankonferenz geplant
Dass das Warschauer Treffen von Anfang an als Antiirankonferenz geplant war, darüber kann es keinerlei Zweifel geben. So hatte der amerikanische, auf der Konferenz vertretene Außenminister Mike Pompeo am 12. Januar gegenüber Fox News den Iran als den eigentlichen destabilisierenden Faktor jener Region bezeichnet und gefordert, dass damit Schluss sein müsse. Und der israelische Premier Benjamin Netanjahu hatte vor seiner Reise nach Warschau zum widerholten Male bekundet, dass der Iran die größte Gefahr für die Sicherheit Israels darstelle.
Auch für Polen ein Misserfolg
Auch für Polen selbst war dieses Treffen ein Misserfolg. Die unmittelbare Folge der Warschauer Konferenz ist für Polen eine unnötige Verschlechterung der Beziehungen zum Iran. Teheran bezeichnete sie denn auch als „Warschauer Zirkus“ und sah in ihr einen unfreundlichen Akt, für den die polnische Regierung die Verantwortung zu tragen habe. Sie wurde zudem daran erinnert, dass man im Zweiten Weltkrieg 100 000 schutzsuchende Polen aufgenommen habe und daher diese Brüskierung nicht verdiene. Der polnische Botschafter wurde einbestellt und das in Teheran geplante Festival des polnischen Kinos vorerst abgesagt.
Von den hochrangigen Gästen aus den USA und Israel erfuhr man ein paar freundliche Gesten: Eine Kranzniederlegung am Denkmal der Gettohelden durch Vizepräsident Mike Pence und die Ministerpräsidenten Polens und Israels. Es gab Vier-Augen-Gespräche auf höchster Ebene, wobei sich Netanjahu bei Premier Morawiecki um eine geschlagene Stunde verspätete.
Auch erhielt Polen eine verbale Zusicherung amerikanischer Beistandstreue durch Worte von Vizepräsident Pence: „Die Vereinigten Staaten stehen Arm in Arm mit Polen als Teil eines in der Weltgeschichte äußerst geglückten Militärbündnisses, und so wird es immer sein.“
Irritationen
Die Erfolglosigkeit der Konferenz wurde bald nach ihrem Ende durch Irritationen überlagert, die in der polnischen Presse große Beachtung und Widerspruch fanden. Außenminister Pompeo hatte Polen öffentlich zur Einlösung einer „wesentlichen Zukunftsfrage“ gemahnt, nämlich eine „komplexe Gesetzgebung zur Restitution jüdischen Eigentums“ endlich vorzunehmen. Dabei blieb offen, ob Pompeo die 1960 mit den USA in dieser Frage getroffene Vereinbarung unbekannt war oder ob er diese als unzureichend erachtete. Jedenfalls löste seine Aussage in Polen Unverständnis und Empörung aus.
Mehr noch bewegte in Polen eine Äußerung von Netanjahu die Gemüter, die er bei einem Besuch des Museums der Geschichte der polnischen Juden gemacht hatte. Von ihr gibt es zwei unterschiedliche Versionen. Die eine beinhaltet den Vorwurf, „die polnische Nation hat mit dem nazistischen System kollaboriert“, nach der anderen, abgemilderten Fassung habe er gesagt. „Während des Krieges arbeiteten Polen mit den Nazis zusammen“ Auf die eine wie die andere Aussage reagierte man in Polen mit Empörung. So flammte erneut der Konflikt mit Israel auf. Die polnischen Antisemiten fühlten sich bestätigt. Und die polnische Regierung sagte die Teilnahme an dem in Jerusalem geplanten Treffen mit den Visegrádstaaten ab und erwartet eine offizielle Erklärung dieses Vorfalls von der israelischen Seite.