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Ein unverhofft neuer Ton im staatlichen Fernsehen

Am 14. November kam Prof. Tomasz Grodzki, der der Bürgerplattform angehörende Marschall des neuen Senats, im staatlichen Fernsehen zu Wort. Er sprach von Ehre, Wahrheit, Kultur, von der Sorge um das Gemeinwohl, über die Rolle des Staates, die darin bestehe, das menschliche Potential optimal zu nutzen; alle Bürger seien mit gleichem Respekt zu behandeln.

Es fiel kein böses Wort, keine feindselige Äußerung gegenüber dem politischen Gegner. Jarosław Kaczyński und seine PiS waren nicht das Ziel einer Attacke, wurden gar nicht erwähnt.

Grodski versicherte zudem, der Senat werde die Arbeit des Sejm nicht blockieren und gute Gesetzesvorhaben unterstützen bzw. verbessern, falls dies erforderlich sei.

Man sollte meinen, eine solche Rede sei nichts Besonderes. Doch in Polen erregte sie als ungewöhnlicher Vorgang Aufmerksamkeit, war man doch bisher an einen gänzlich anderen, der Opposition gegenüber feindseligen Tonfall gewöhnt. Den hatte offenbar PiS erwartet und hätte es ihr erlaubt, in bewährter, aggressiver Weise zu reagieren. Doch Grodzki hatte sie nun mit seiner Rede aus dem Konzept gebracht. Gerade diesen Tonfall, bar jeder Feindseligkeit, empfand man offenbar als Gefahr. Wie sollte man darauf reagieren?

PiS versuchte es dennoch in gewohnter Weise: Die Abendnachrichten nahmen auf seine Rede keinerlei Bezug. Bereits vor ihrer Ausstrahlung sah sich Prof. Grodzki, ein weltbekannter Chirurg, Verleumdungen ausgesetzt. Man kritisierte seinen angeblich abgehobenen Lebensstil; seinen Reichtum, dass er einen Jaguar fahre. Man warf ihm vor, 500 Dollar für eine Operation kassiert zu haben, was Grodzki bestreitet. Die bekannte Methode, den politischen Gegner zu erledigen, indem man ihn persönlich diffamiert.

Ist diese Rede das Signal einer neuen Art politischer Auseinandersetzung? Indem die Art und Weise, wie PiS Politik betreibt, durch einen, auf jede Feindseligkeit verzichtenden Gegenentwurf beantwortet und entlarvt wird?

Vorerst scheint es, dass es in Polen geradezu revolutionär wirkt zu sagen, dass man nicht unbedingt einander an die Kehle greifen muss. Ob es zu einer anderen Art politischer Auseinandersetzung kommt, erscheint indes eher fraglich.

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