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Der Wahlsonntag

Am 28. Juni bildeten sich trotz Corona-Epidemie bereits am frühen Morgen lange Schlangen vor den Wahllokalen. Das ließ eine hohe Wahlbeteiligung erwarten. Sie lag denn auch mit 64,51% weit höher als vor 5 Jahren. Sowohl die Duda unterstützenden Nationalkonservativen als auch die einen politischen Richtungswechsel betreibenden oppositionellen Präsidentschaftskandidaten hatten es vermocht, ihre Anhängerschaft für den Gang zu den Urnen zu motivieren. Bis in die letzte Stunde wurde auf beiden Seiten ein erbitterter Wahlkampf geführt, wobei der Blitzbesuch von Andrzej Duda bei Präsident Trump besonders herausstach. Er konnte nicht anders als eine gegen die Regeln verstoßene Wahlhilfe für Duda verstanden werden, zumal Trump seinem Gast ausdrücklich einen guten Wahlerfolg wünschte.

Das Wahlergebnis war keine Überraschung. Über Wochen sagten Umfragen voraus, Duda würde mit einem Stimmenanteil von gut 40% gegenüber seinem Hauptrivalen Trzaskowski mit ungefähr 30% die Wahl deutlich gewinnen. So kam es auch: Andrzej Duda erhielt 43,50%, Rafał Trzaskowski 30,46%, Szymon Hołownia 13,,87% und Krzysztof Bozak, der Chef der am äußersten politischen Rand stehenden Konföderation 6,75%. Die weiteren Kandidaten erhielrten Stimmenanteile von nur wenigen Prozenten.

Entschieden ist damit noch nichts. Wer Polens Staatspräsident wird, der wiedergewählte Duda oder sein Rivale Trzaskowski, das entscheidet die Stichwahl in zwei Wochen.

Ein Wahlerfolg für Szymon Hołownia

Bedenkt man die Umstände, unter denen der Drittplatzierte Szymon Hołownia als Bewerber um das Präsidentenamt angetreten war, dann muss man auch in ihm einen Gewinner dieses Wahlsonntags sehen. Ohne einer Partei anzugehören gelang diesem Journalisten, diesem Gründer mehrerer sozialer Stiftungen und Vertreter eines offenen Katholizismus in kürzester Zeit die Bildung einer aus eigener Tasche und durch Spenden finanzierten Bewegung, die in der Lage war, einen landesweiten Wahlkampf um die Zukunft Polens zu führen. Er war angetreten, um die tiefe Spaltung der polnischen Gesellschaft aufgrund des jahrzehntelangen Kampfes zwischen der Bürgerplattform (PO) und der Kaczyński-Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) zu überwinden. Auch wenn er und seine Bewegung bei dieser Präsidentschaftswahl gleichsam ein Opfer eben dieser Spaltung wurden, so hat sich doch mit dieser neuen Bewegung die politische Landschaft Polens verändert, und es ist nicht ausgeschlossen, dass damit künftig eine Alleinregierung der Nationalkonservativen unmöglich wird.

Gezielte Behinderung der Auslandspolen?

Millionen Polen leben im Ausland. An die 400 000 von ihnen hatten sich für die Präsidentschaftswahl registrieren lassen. Um ihre Stimme abgeben zu können, hätten sie persönlich das für sie zuständige Konsulat aufsuchen oder dort ihre Briefwahl rechtzeitig eintreffen müssen. Es zeigte sich aber, dass viele Polen in den westlichen Demokratien ihre Wahlunterlagen zu spät erhielten und auf diese Weise gehindert wurden, an der Wahl teilzunehmen. Entsprechende Klagen wurden bereits bei der Wahlkommission eingereicht. Es besteht der Verdacht, dass die von PiS-Leuten besetzten Konsulate diese Verzögerung bewusst betrieben haben, weil sie der durchaus begründeten Überzeugung waren, dass diese Auslandspolen nicht für eine Wiederwahl Dudas stimmen würden. Ließe sich dieser Verdacht erhärten, dann wäre dies eine ernste Verletzung des Prinzips allgemeiner Wahlen, was eine Anfechtung dieser Präsidentschaftswahl ermöglichen würde.

Die Zeit bis zur Stichwahl

Zwei Wochen bleiben Duda und Trzaskowski, um bei den Wählerinnen und Wählern um Stimmen zu werben. Dabei ist Duda deutlich im Vorteil, und dies nicht nur deswegen, weil er mir großem Vorsprung die Wahl am 28. Juni für sich entscheiden konnte und damit als Favorit in die Stichwahl geht. Er hat zudem in Absprache mit der Regierung auf die bereits in der Vergangenheit von PiS erfolgreich genutzte Möglichkeit eines faktischen Stimmenkaufs zurückgegriffen. Analysen des Wahlergebnisses vom 28. Juni ergaben, dass Duda vor allem die Stimmen der Wählerinnen und Wähler über 50 Jahren für sich verbuchen konnte. Diesem Wählerpotential verspicht er nun landauf, landab eine sukzessive Erhöhung der Rente um 100 Prozent. Wer möchte da nicht Duda wiederwählen!

Trzakowski kann derlei Versprechen nicht machen. Er muss auf die Stimmen der unterlegenen Kandidaten hoffen. Doch weil diese nicht einfach auf ihn übertragen werden können, bleiben nur Vermutungen über die Höhe des auf diese Weise hinzu gewonnen Stimmenanteils. Ob der allerdings ausreicht, um die Stichwahl zu gewinnen, ist mehr als fraglich. Umfragen jedenfalls sagen einen Wahlsieg von Duda voraus.

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