Die antideutsche Karte im Präsidentschaftswahlkampf
Eine Woche vor der Stichwahl sagen Umfragen einen knappen Sieg von Rafał Trzaskowski voraus. Entsprechend wächst die Nervosität im PiS-Lager. Als letzten Trumpf, so scheint es, zieht man nun die antideutsche Karte.
Das hat bei PiS Tradition. So war es auch vor Jahren, als die nationalkonservative Presse in der letzten Phase des Walkampfs Donald Tusk als deutschhörig beschuldigte, weil sein Vater im Zweiten Weltkrieg deutscher Wehrmachtsoldat war. Dass er desertierte, das hat man damals natürlich verschwiegen.
Im jetzigen Fall geht es um die Begnadigung eines pädophilen Straftäters, der über viele Jahre seine Tochter missbraucht hat und zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt wurde. Präsident Duda hat ihn nun auf Bitten der Tochter und ihrer Mutter begnadigt und damit einen Präzedenzfall geschaffen, denn seine Amtsvorgänger haben derlei Gesuche stets abgelehnt. In einer Zeit, in der in Polen eine Debatte um pädophile Verbrechen, insbesondere auch unter Priestern, geführt wird und die Öffentlichkeit für den sexuellen Missbrauch von Kindern äußerst sensibilisiert ist, wurde in den Medien diese Entscheidung als falsches Signal kritisiert. Dies auch in der Tageszeitung „Fakt“. Sie gehört einem deutsch-schweizerischen Konsortium und erhält zudem Mittel aus einer amerikanischen Stiftung, ist also, was das Kapital betrifft, keineswegs ein rein deutsches Organ. Doch in den Augen der PiS-Propagandisten gilt dennoch „Fakt“ als ein deutsches Blatt, das deutschen Interessen diene und damit zur Zielscheibe ihrer Attacken wird. In den Abendnachrichten des öffentlichen, in Wahrheit PiS-hörigen Fernsehsenders TVP fand sich denn auch ein gegen „Fakt“ gerichteter Beitrag unter dem Titel „Eine deutsche Zeitung attackiert den Präsidenten“. Und der nahm selbst Stellung: In seinen Wahlkampfreden rechtfertigte er seinen Gnadenakt mit dem Argument, im Sinne der Rettung der Familie gehandelt zu haben. Und er legte nach: „Dieser Axel-Springer-Konzern deutscher Herkunft will auf die Wahlen in Polen Einfluss nehmen. An unserer Stelle wollen die Deutschen den Präsidenten wählen.“ Eine Aussage, mit der Duda – wie Kommentatoren schreiben – vor allem die Würde seines Amtes verletzt habe.