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Brief des Chefredakteurs der "Gazeta Wyborcza" an die Europaabgeordneten


Angesichts der Gefahr einer die Unabhängigkeit der Medien bedrohenden Gesetzgebung wandte sich Adam Michnik, Chefredakteur der „Gazeta Wyborcza“ in einem offenen Brief an die Europaabgeordneten. Er verweist einleitend darauf, dass die von ihm im Epochenjahr 1989 gegründete Tageszeitung in all den Jahren die elementaren Werte wie Freiheit der Medien, Bürgerrechte, unabhängige Justiz sowie eine dem sozialen Ausgleich verpflichtete Wirtschaft verteidigt hat.

Wofür die „Gazeta Wyborcza“ seit nunmehr über 30 Jahren stehe, das sei gegenwärtig ernstlich bedroht. Unter der Regierung der Vereinigten Rechten vollziehe sich ein schleichender Staatsstreich. Von einem Rechtsstaat könne schon nicht mehr die Rede sein. Man habe es vielmehr mit einem Parteienstaat zu tun, in dem die staatlichen Institutionen, in erster Linie die Justiz, „im Dienst einer einzigen Partei mit dem verlogenen Namen Recht und Gerechtigkeit steht.“ Die öffentlichen Medien seien als „Maschinen schamloser Propaganda“ gänzlich unter ihrer Kontrolle. Die unabhängigen Medien würden dagegen als „Feinde behandelt und mit einem Hass attackiert, den wir aus manchen Auftritten von Donald Trump, dem ehemaligen Präsidenten der USA kennen. Wir werden als Feinde behandelt, denn wir sind unabhängig und haben den Mut, die Wahrheit zu schreiben.“

Die gegenwärtige Regierung sei unter Anwendung der „Salamitechnik dabei, „sämtliche Sicherungen der demokratischen Ordnung zu vernichten. Das Regime von Jarosław Kaczyński organisiert regalmäßig Attacken auf gegenüber der Regierung kritisch eingestellte Medien, einschließlich der „Gazeta Wyborcza“. Die wolle man mit allen Mitteln zum Schweigen bringen. Unter dem Einsatz willfähriger Staatsanwälte und fadenscheiniger Argumente würden die Redaktionen verklagt. In den letzten drei Jahren habe allein die „Gazeta Wyborcza“ über 50 Prozesse zu bestehen gehabt.

Das Regime ziele darauf, die unabhängigen Medien in die Insolvenz zu treiben. So würden Unternehmen unter Druck gesetzt, in ihnen nicht zu inserieren. Dagegen würden Redaktionen, die für die Kaczyński-Partei und ihre Regierung Propaganda betreiben, im Geld schwimmen. In den letzten fünf Jahren seien sie staatlicherseits mit 5,4 Milliarden Zł. (1,35 €) unterstützt worden.

Zur Strategie der PiS-Regierung gehöre auch, bislang unabhängige Medien zu übernehmen, wie dies jüngstens durch den Ölkonzern Orlen im großen Stil geschehen sei. Obwohl dieser zusätzlich noch über die für die Verteilung von Medien zuständigen Kioske verfüge und damit eine Monopolstellung am Medienmarkt besitze. habe das Antimonopolamt dieser Übernahme zugestimmt, während der „Gazeta Wyborcza“ von diesem Amt die Übernahme von Radio ZET verweigert wurde. Nin sollen unter dem Vorwand der Pandemie die unabhängigen Medien auf die Reklameeinnahmen eine Solidaritätssteuer“ entrichten, was für manche von ihnen den Ruin bedeuten würde.

Aufgrund all dieser Rechtsverletzungen sei Pollen der „kranke Mann in der europäischen Gemeinschaft. „Dieser Kampf, der heute in Polen tobt, ist auch ein Kampf um die Zukunft der Europäischen Union. […] Die Attacke auf die Freiheit der Medien ist der direkte Weg zur Untergrabung der Werte der Europäischen Union. [… ] Was die Feinde freier Medien posaunen, das ist Mord an der Sprache Wahrhaftigkeit. Zu sehen ist dies am Fabrizieren verlogener Narrative polnischer Geschichte, polnischer Kultur sowie polnischer Tradition. Aus der nicht weit entlegenen Vergangenheit kennen wir gut das Schicksal der Länder und Nationen, die ihre Demokratie nicht verteidigen wollten. Deswegen gingen diese Demokratien unter.“

Michnik beendet seinen Brief mit dem Satz: „Indem ihr die demokratische Freiheit in Polen verteidigt, verteidigt ihr die Europäische Union, die große gemeinsame Chance für uns alle.“

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