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Rechtsbeugung im Dienste des „guten Wandels“

Rechtsbeugung im Dienste des „guten Wandels“

Am 26./27. Juni 2017 fand in Warschau unter dem Motto „Legalität, Gesellschaft und Wirtschaft“ eine Konferenz statt, die sich mit den Folgen der konstitutionellen Krise und Problemen der Legalität befasste. Aus diesem Anlass gewährte Prof. Marcin Matczak, einer der Referenten dieser Konferenz, dem Journalisten Maciej Stasiński ein Interview.

Auf die Frage, warum es in Polen so leicht sei, die Legalität auszuhebeln, obwohl Polen seit einem Vierteljahrhundert ein demokratischer Rechtsstaat ist, antwortete Prof. Matczak, indem er die Argumente der „Recht und Gerechtigkeit“ (PiS) nahestehenden Juristen aufgriff und sie kritisch überprüfte.

Zunächst verwies er darauf, dass viele von ihnen unter dem Kommunisten gelitten hätten und ihre Lebensplanung nicht verwirklichen konnten. Daraus sei ein Bedürfnis nach Abrechnung mit ihnen entstanden. Doch die sei nach 1989 im Zuge der demokratischen Transformation nich terfolgt. Hieraus resultiere bei ihnen eine Ablehnung des „runden Tisches“ mit den an ihm vereinbarten Kompromissen sowie der nur halb freien Wahlen vom 4. Juni 1989, letztlich der aus ihnen hervorgegangenen II. Republik im Ganzen.

Nach Auffassung dieser PiS-nahen Juristen habe die Verfassung von 1997 dem Schutz der postkommunistischen Elite gedient und faktisch zur Unterdrückung der Nation geführt. Indem in Art. 2 die Polnische Republik ohne weitere Erläuterung als „demokratischer Rechtsstaat“ definiert worden sei und aus dieser Definition gefolgert werde, ein Rückwirkungsrecht sei ausgeschlossen, konnten den Kommunisten einmal erworbene Rechte nicht genommen werden, was eine Abrechnung mit ihnen faktisch unmöglich machte. Damit sei zugleich dem Lustrationsgesetz von 2007 enge Grenzen gezogen worden, so dass eine Strafverfolgung im Einzelfall kaum erfolgen konnte.

Das Wohl der Nation steht über dem Gesetz?

Weil die nach 1989 errichtete rechtstaatliche Ordnung die Abrechnung mit den Kommunisten verhindere und damit dem Wohl der Nation im Wege stehe, sei nach Ansicht dieser Juristen ihre grundlegende Reform, wie sie von Justizminister Ziobro vollzogen werde, gerechtfertigt: „Aus ihrer Sicht haben jene, die trockenen Fußes vom Totalitarismus in die Demokratie gelangten, ihre Werte rücksichtslos in sie verankert: linke und liberale, versehen mit Garantien erworbener Rechte, mit einer an Regeln gebundenen Legislative und einem verpflichtenden rechtlichen Prozedere, wonach die materiale Gerechtigkeit nur durch ein bestimmtes Rechtsverfahren realisiert werden kann.“

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