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„Recht und Gerechtigkeit“ (PiS) und die Frage der Judenrettung im Zweiten Weltkrieg

  • Theo Mechtenberg
  • 30. Nov. 2017
  • 2 Min. Lesezeit

Am 16. November veranstaltete das zum Medienimperium von Pater Rydzyk und PiS nahestehende Institut „Gedächtnis und Identität“ eine der Rettung von Juden im Zweiten Weltkrieg gewidmetes Symposium.

In seiner Eröffnungsansprache verwies P. Rydzyk darauf, dass die Intention des 67 Jahre nach Kriegsende gegründeten Instituts dem Gedenken derer gelten soll, die in Polen im Zweiten Weltkrieg ihr Leben lassen mussten, weil sie Judengerettet haben.

In einem an die Konferenz gerichteten Schreiben von PiS-Präses Jarosław Kaczyński heißt es, dass über den Anteil der Polen an der Rettung von Juden immer noch falsche Vorstellungen verbreitet seien. Einer der dafür verantwortlichen Gründe sei eine vom „polnischen Establishment vertretene Scham, die aus einer ahistorischen Politik resultiert.“ Damit wendet er sich gegen die Bemühungen in den 1990er Jahren, die von Polen an Juden im Zweiten Weltkrieg verübten Verbrechen im Sinne einer Reinigung des nationalen Gedächtnisses bewusst zu machen. Wichtiger Auslöser für diese Aufarbeitung waren die Bücher des in Amerika lebenden polnisch-jüdischen Historikers Jan T. Gross „Nachbarn“. Der Mord an Juden in Jedwabne“ (C. H. Beck) und „Angst. Antisemitismus in Polen“ (Suhrkamp). Auch zu ihnen findet sich unter dem Titel "Antisemitiismus im Nachkriegspolen" ein Beitrag.

Von den auf der Konferenz anwesenden Regierungsvertretern ergriffen Vizeminister Tadeusz Morawiecki und Premier Beata Szydło das Wort. Morawiecki betonte, es müsse auch von denen die Rede sein, welche die Judenvernichtung verübt hätten. Das wären nicht irgendwelche Nazis gewesen, sondern Deutsche. Wer hier nicht von Deutschen, sondern von irgendwelchen Nazis spreche, der verfälsche die Wirklichkeit. Es komme darauf an, dies richtigzustellen.

Premier Szydło, die in Auschwitz aufwuchs und als Kind von ihren Angehörigen vom dichten Rauch über der Stadt erfahren hatte, der aus den Krematorien aufstieg und die Vergasung der Juden bezeugte, betonte das enge und weitgehend harmonische Zusammenleben von Juden und Polen – bis „die deutsche Okkupation, die deutsche Brutalität dieses Krieges, der vor allem auf die Vernichtung unserer Nationen und unseren gemeinsamen Staat abzielte“, dem ein Ende setzte.

Quelle: Grzegorz Giedrys, Szydło i Morawiecki na konferencji o Żydach u Rydzyka (Szydło und Morawiecki über Juden auf der Konferenz bei Rydzyk), Gazeta Wyborcza v. 16. 11. 2017.

Es ist in der Tat unbestritten, dass es zahlreiche Polen gab, die im Zweiten Weltkrieg Juden unter Einsatz ihres Lebens gerettet haben und in Israel als „Gerechte unter den Völkern“ geehrt werden. Aber es gab auch Polen, die aus ihrem Antisemitismus keinen Hehl machten, die gegenüber der Ermordung ihrer Nachbarn gleichgültig waren, ja die selbst Juden ermordet haben. Insofern vermittelt dieses Symposium durch Verdrängung der Schatten der Vergangenheit ein einseitiges und damit falsches Bild über das polnisch-jüdische Verhältnis. Daher veröffentliche ich zu dieser Problematik in meinem Blog zwei Beiträge: „Die polnisch-jüdischen Beziehungen – Reinigung des Gedächtnisses“, enthalten in meinem 2013 erschienenen Sammelband „Interkulturelle Empathie“, S. 182-206, sowie „Ein Museum für Gerechte unter den Völkern“, Freiburger Rundbrief 3/2016, S. 232-234.

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